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       # taz.de -- Tierschutz in Afrika: Ein Affentheater für's Überleben
       
       > Der extrem seltene Cross-River-Gorilla soll gerettet werden. Ob mit
       > Bienenzucht, Schneckenfarmen oder einer Soap ist noch nicht ganz klar.
       
   IMG Bild: Depressionen bei Cross-River-Gorillas? Bald soll es eine Radio-Quizshow zu den Tieren geben.
       
       BERLIN taz | Von Flachlandgorillas haben viele Menschen schon gehört. Auch
       der von der 1985 ermordeten Zoologin Dian Fossey erforschte Berggorilla
       schafft es immer wieder in die Medien. Aber wer kennt schon den
       Cross-River-Gorilla? Kein Wunder: es gibt nur noch um die 300 Tiere dieser
       Art, selbst Biologen wissen wenig über sie. Ein neuer Fünfjahresplan soll
       die fast unbekannten Affen nun vor dem drohenden Aussterben bewahren.
       Kosten: 10 Millionen Dollar.
       
       Das Projekt ist das Ergebnis der Zusammenarbeit einer internationalen
       Gruppe aus Tierschutzorganisationen, Wissenschaftlern und Vertretern
       staatlicher Behörden. Durch Schutzmaßnahmen und Aufklärung wollen sie die
       Zahl der Tiere zumindest stabil halten.
       
       Das Geld für das Vorgängerprojekt, das 2012 auslief, kam vor allem von der
       US-Regierung. Auch die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau beteiligte
       sich. Die Finanzierung des neuen Plans ist noch völlig ungewiss.
       
       Der Name der Menschenaffen leitet sich von einem Fluss im Grenzgebiet von
       Nigeria und Kamerun ab. Der Cross-River-Gorilla ist die seltenere der
       beiden Unterarten des sogenannten Westlichen Gorillas. Er ernährt sich
       hauptsächlich von Früchten.
       
       ## Auch der Coltan-Abbau gefährdet die Tiere
       
       Männchen werden bei einer Körpergröße von 1,70 Metern bis zu 180 Kilogramm
       schwer. Die größte Bedrohung für die Gorillas ist die Jagd. Deren Ausmaß
       beurteilt die [1][Wildlife Conservation Society] (WCS), eine der
       beteiligten Organisationen, vor allem nach den von Wilderern ausgelegten
       Fallen, die sie sicherstellt, und anhand von Patronenhülsen.
       
       „Die Menschen jagen für Geld, nicht für den Verzehr. Die essen vielleicht
       den Kopf, die Füße und die Eingeweide, den Rest verkaufen sie an reiche
       Stadtbewohner – auch in Paris und London. Die meisten Armen essen das
       Billigste, was es hier gibt: Tiefkühl-Makrelen aus Norwegen“, sagt Andrew
       Dunn, der in Nigeria für WCS arbeitet.
       
       Doch auch der Abbau von Coltan, einem Erz, aus dem das in Mobiltelefonen
       eingesetzte Metall Tantal gewonnen wird, gefährde den Lebensraum der
       Gorillas. Naturschutzorganisationen rufen nicht zuletzt auch deshalb zum
       Handy-Recycling auf.
       
       Viele Einheimische setzten große Hoffnungen auf den Ökotourismus und seien
       mit diesem Argument auch am besten zu überzeugen. Das Problem sind für Dunn
       jedoch die zu hohen Erwartungen: „Unwahrscheinlich, dass in dieser Region
       wirklich so hohe Einnahmen durch Urlauber möglich sind.“ Was noch wichtiger
       ist: Der Nutzen oder Schaden für die Tiere, für die die Touristen kommen
       sollen, ist unter Experten umstritten.
       
       ## Die Kooperation mit den Einwohnern ist am wichtigsten
       
       Um die Erwartungen der Touristen zu erfüllen, müsste man die Affen an
       Menschen gewöhnen. Dadurch, so Dunn, verlören die Gorillas jedoch die Angst
       – und könnten leichter Wilderern zum Opfer fallen. Andererseits, sagt er
       verbittert, würden sie „wahrscheinlich so oder so erschossen“.
       
       Als alternative Einnahmequelle propagiert das Bündnis Bienenzucht und
       Schneckenfarmen. Im Moment sei das Problem, dass die meisten Areale, in
       denen der Cross-River-Gorilla lebt, überhaupt nicht geschützt seien, so
       Dunn.
       
       Wenn nichts unternommen würde, könnte die Art innerhalb von zehn Jahren
       komplett ausgerottet sein, sagt Dunn. Wichtiger als bewaffnete Ranger sei
       die Kooperation mit den Menschen vor Ort.
       
       Um sie zu erreichen, hat die Organisation jetzt ein Radioprogramm
       konzipiert, mit Interviews, Quiz und einer Art Seifenoper, in der Wilderer
       und korrupte Regierungsvertreter vorkommen. Dunn: „Es ist effektiver, das
       Thema über Unterhaltung unter die Leute zu bringen, als ihnen immer nur
       aggressiv den Naturschutz aufdrängen zu wollen.“
       
       1 Apr 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.wcs.org/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Esther Widmann
       
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