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       # taz.de -- Freihandelsabkommen mit USA: Es darf diskutiert werden
       
       > Zum Freihandelsabkommen mit den USA startet die EU „Konsultationen“.
       > Sigmar Gabriel geht nun doch auf Distanz und Attac plant Proteste.
       
   IMG Bild: Nicht alle finden mehr Waren aus den USA erstrebenswert
       
       BRÜSSEL/BERLIN taz | Nach heftigen Protesten hat die EU-Kommission eine
       „öffentliche Konsultation“ zum Investorenschutz im Freihandelsabkommen mit
       den USA gestartet. Handelskommissar Karel De Gucht stellte am Donnerstag
       aber klar, dass die Klauseln zum ISDS (Investor-State Dispute Settlement)
       auf jeden Fall kommen – egal, wie die Internetanhörung ausgeht.
       
       Der Investitionsschutz ist der umstrittenste Teil des ohnehin umstrittenen
       Abkommens namens TTIP, über das USA und EU seit vergangenen Sommer im
       Geheimen verhandeln. Kritiker fürchten generell, dass durch TTIP niedrige
       US-Standards zum Beispiel bei Lebensmitteln in die EU Einzug halten
       könnten.
       
       ISDS, der Schutz von Investoren, sorgt für besonders viel Empörung. Der
       Vorwurf: US-Konzerne könnten damit die Möglichkeit bekommen, missliebige
       Umwelt- und Sozialgesetze in EU-Staaten zu kippen. Auch in Deutschland ist
       ISDS ein Thema: Hier verklagt Vattenfall die Bundesrepublik wegen
       entgangener Einnahmen von Atomkraftwerken, die wegen der Energiewende
       abgeschaltet wurden.
       
       „Wir haben das Prinzip des Investitionsschutzes nicht erfunden – wir wollen
       es nur besser machen“, sagte De Gucht in Brüssel. Zugleich räumte er
       beunruhigende Beispiele ein. So der Tabakkonzern Philip Morris, der
       Australien wegen rigider Vorschriften bei der Vermarktung von Zigaretten
       verklagt hatte. Dieser Fall sei noch nicht entschieden – und unter dem
       geplanten Abkommen auch nicht möglich, sagte De Gucht. Die EU-Kommission
       wolle solche „Schlupflöcher“ schließen.
       
       ## Der Investorenschutz kommt auf jeden Fall
       
       Die öffentliche Anhörung soll klarstellen, welche Punkte die EU verbessern
       soll, um Missbrauch auszuschließen. Bisher haben die meisten EU-Staaten
       eigene Investorenschutz-Abkommen mit den USA. Der Ausgang der Anhörung
       lässt sich allerdings jetzt schon absehen: ISDS kommt – so oder so. Es sei
       „schwer vorstellbar“, dass man auf die Schutzklauseln verzichtet, so De
       Gucht. Schließlich würden die USA darauf bestehen, denn sie seien Teil
       eines jeden „normalen“ Handelsabkommens.
       
       Allerdings wird erst nach der Europawahl entschieden. Denn die
       „Konsultation“ wird Ende Juni abgeschlossen – gewählt wird am 25. Mai.
       Offenbar hofft die Kommission, TTIP wie ISDS so aus dem Wahlkampf
       heraushalten zu können.
       
       Auf die EU-Wahl blickt auch Sigmar Gabriel. Der Bundeswirtschaftsminister
       und SPD-Chef hatte sich mit seiner Unterstützung für TTIP harsche Kritik
       von der Parteilinken eingefangen. Am Donnerstag fiel Gabriel den
       Freihändlern dann in den Rücken. Er ließ ein Schreiben an De Gucht an die
       Rheinische Post durchsickern, in dem er dem Kommissar empfahl, den
       Investitionsschutz aus TTIP auszusparen.
       
       Beim ISDS liege „ein sensibler Kernpunkt, der am Ende über die Zustimmung
       Deutschlands zu einem Transatlantischen Freihandelsabkommen entscheiden
       kann“, heißt es darin. Gabriel betont zudem, dass die USA und Deutschland
       „hinreichenden Rechtsschutz“ gewährleisteten.
       
       ## Attac rüstet sich zum Widerstand
       
       Wie groß der Widerwillen ist, zeigt auch der Zulauf von
       TTIP-Veranstaltungen der Globalisierungskritiker von Attac. Immer mehr
       Menschen schreckt die Erzählung von importierten US-Chlorhühnchen – am
       Wochenende beim jährlichen Attac-Frühjahrsratschlag in Frankfurt steht das
       Abkommen deshalb im Mittelpunkt.
       
       Zahlreiche Gruppen in ganz Deutschland sind inzwischen mit der Kampagne
       gegen TTIP beschäftigt. Über 100 Veranstaltungen hat Attac bisher nach
       eigenen Angaben zum TTIP durchgeführt. „Uns schlägt riesiges Interesse
       entgegen. Das Thema ist eines, das viele Menschen bewegt“, sagt Roland Süß,
       Mitglied im Attac-Koordinierungskreis und der Projektgruppe TTIP. Nicht nur
       Attac diskutiert – auch im Bündnis „TTIP unfairhandelbar“ haben sich rund
       50 Gruppen zusammengeschlossen, um gemeinsam gegen die Pläne der
       EU-Kommission streiten.
       
       27 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eric Bonse
   DIR Kai Schöneberg
   DIR Martin Kaul
       
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