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       # taz.de -- Importverbot für EU-Ware: Russische Kartoffelwirtschaft in Panik
       
       > Die Deutschen bleiben auf ihren Kartoffeln sitzen – wegen Russlands
       > Importverbot für EU-Knollen. Die Ukraine-Krise könnte eine Einigung
       > weiter verzögern.
       
   IMG Bild: Wir müssen draußen bleiben.
       
       BERLIN taz | Knapp 30 Millionen Tonnen Kartoffeln wachsen auf russischen
       Äckern. Die Pflanzkartoffeln dafür kommen hauptsächlich aus Deutschland und
       den Niederlanden. Doch im Juli 2013 verhängte Russland ein Importverbot für
       EU-Kartoffeln. Jetzt wäre es Zeit, die Pflanzkartoffeln in die Erde zu
       setzen. Wegen eines Einfuhrstopps bleiben die deutschen Züchter aber
       derzeit auf ihren Knollen sitzen – und den Russen könnten irgendwann die
       Kartoffeln ausgehen.
       
       Durch die aktuelle Krise bekommt der Streit um die Erdäpfel – die Russen
       haben bis zu 10.000 Tonnen Setzkartoffeln bestellt - weitere Brisanz: „Wie
       das in Hinblick auf die Krim überhaupt weitergeht, kann Ihnen nur ein
       Hellseher sagen“, sagt Michael Lohse, Sprecher des Deutschen
       Bauernverbandes.
       
       In Russland sorgt der Importstopp für die deutschen Knollen bereits für
       Unruhe: „Die russische Kartoffelwirtschaft ist in Panik. Die kriegen
       richtig Probleme“, sagt Torsten Spill, Geschäftsführer des
       Kartoffelzüchters Solana. Wolfgang Walter vom Konkurrenzunternehmen Norika
       bestätigt das: Landwirte aus Russland sowie aus Kasachstan und Weißrussland
       hätten fast flehentlich gebeten, die vereinbarten Lieferungen auf den Weg
       zu bringen. Als Begründung für den Einfuhrstopp hatte Moskau Bedenken über
       die Gesundheit der Pflanzen angegeben.
       
       Viren, Bakterien und Pilzkrankheiten könnten über die Pflanzkartoffeln in
       die Böden gelangen. Deshalb hat die EU strenge Standards für die
       Produktion. Russland reichte das jedoch nicht und forderte mehr
       Informationen. Als die EU sich weigerte, verbot eine Agrarbehörde in Moskau
       die Einfuhr von Kartoffeln aus der Staatengemeinschaft. „Das Importverbot
       ist von den Russen total überzogen“, sagt Torsten Spill. „Die sind 2012 der
       Welthandelsorganisation beigetreten und wollten dann gleich mal politische
       Stärke zeigen und Ansprüche anmelden.“
       
       ## Intensiver Kontakt - aber keine Rückmeldung
       
       Das Bundeslandwirtschaftsministerium steht nach eigenen Angaben derzeit in
       intensivem Kontakt mit den russischen Behörden. Ziel sei die Aufhebung des
       Importverbots. Eine Einladung sei verschickt worden. „Eine Rückmeldung der
       russischen Seite – und damit auch eine Orts- oder Terminvereinbarung –
       steht noch aus“, hieß es jedoch. Dabei gibt es im Ministerium seit Januar
       sogar eine Stabsstelle für den Export in die Russische Föderation. Der
       aktuelle Ukraine-Konflikt habe bislang keinen Einfluss auf die
       Verhandlungen, heißt es. Allerdings verwundert die Sprachlosigkeit
       angesichts der Sanktionsspirale zwischen der EU und Russland kaum.
       
       Kartoffeln werden nicht über Samen, sondern über in die Erde gesteckte
       Knollen, sogenannte Pflanz- oder Setzkartoffeln, vermehrt. Wegen des warmen
       Wetters beginnen die Knollen bei den deutschen Produzenten in diesen Tagen
       zu keimen. So weit wie möglich verkaufen die Unternehmen sie bereits
       anderweitig. In Russland seien aber vor allem rotschalige Kartoffeln
       beliebt, die anderswo wenig Abnehmer fänden, so Torsten Spill von Solana.
       
       Nun haben die Russen doch für die kommende Woche Kartoffel-Inspekteure
       angekündigt, sagt Spill. Ob sie wirklich kommen, ist jedoch angesichts der
       Krise völlig ungewiss. Spill nennt das eine „last-minute Aktion“ – im Süden
       von Russland, wo kein Frost mehr herrscht, werde bereits gepflanzt.
       
       24 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Esther Widmann
       
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