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       # taz.de -- Kolumne Aufgeschreckte Couchpotatoes: Es ist mir einfach rausgerutscht
       
       > Es gibt Fragen, die sollte man sich in Gesellschaft lieber verkneifen,
       > wenn man nicht als spießiger Alltagsrassist dastehen will.
       
   IMG Bild: Eine zumindest ehrliche Ausgrenzung und offene Ansage
       
       „Wo kommst du her“, fragte ich meinen attraktiven Gesprächspartner mit den
       eindeutig indigenen Zügen und dem unüberhörbaren spanischen Akzent auf der
       letzten Party. „Aus Bonn“, antwortet er.
       
       Irma, meine Bekannte, gibt mir einen Wink. Es sei nicht hoffähig, nach der
       Herkunft, der Abstammung zu fragen. Das sei Ausgrenzung, Ethnisierung,
       letztendlich Rassismus, ermahnt sie mich. Ich war nur neugierig, verteidige
       ich mich. „Diese Frage ist nicht korrekt, in einem Land, wo Türken schon in
       der dritten Generation hier leben und dieses Land aktiv mitgestalten“,
       beharrt Irma. Deutsche könnten auch schwarz sein.
       
       Ich gebe ihr recht: Staatsbürgerschaft lässt sich nicht an der Herkunft
       festmachen. Obwohl: Ihre Familie, Russlanddeutsche, hat lange darum
       gerungen, als Deutsche anerkannt zu werden. Vor 200 Jahren waren sie zum
       Don ausgewandert. Nun leben sie in Berlin. Dabei hatten sie bewusst die
       Karte der Herkunft gespielt. „Das sei was ganz anderes, als im
       Partygespräch jemanden auf äußere Merkmale festzulegen und damit zu
       signalisieren: Du gehörst nicht hierher“, sagt Irma. Ich verstehe: Wenn ich
       in Tunesien ob meiner breiten Backenknochen konsequent als russische
       Touristin angesprochen werde, wohlwissend, dass die Russen nicht beliebt
       sind, möchte ich auch lieber Deutsche sein.
       
       Verunsichert meide ich meinen Gesprächspartner mit dem spanischen Akzent.
       Bis er sich neben mich setzt. Er lebe seit 40 Jahren in Bonn, komme aus
       Lima, wo er nächste Woche auf Besuch hinfahre, erzählt er mir. Ich sage
       ihm, dass ich aus Schwaben komme, was eigentlich niemanden interessiert.
       Und damit ich meinen Alltagsrassismus nicht noch weiter treibe, lenke ich
       das Gespräch auf Bonn. Ein „neutrales Territorium“, das uns beiden gehört.
       Schade, Lima hätte mich eigentlich mehr interessiert.
       
       22 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Edith Kresta
       
       ## TAGS
       
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