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       # taz.de -- Folgen für Russland durch Krim-Krise: EU verschärft Sanktionen
       
       > Die EU verhängt Einreiseverbote und Kontensperrungen gegen Russen.
       > Ungeachtet dessen stimmt die letzte Instanz in Moskau für den Anschluss
       > der Krim an Russland.
       
   IMG Bild: Die höchste Stufe der Sanktionen ist noch nicht erreicht: Bundeskanzlerin Merkel in Brüssel.
       
       BRÜSSEL/WASHINGTON dpa/ap | Die EU-Staats- und Regierungschefs haben am
       Freitag mit der Ukraine ein Abkommen zur engeren West-Anbindung
       unterzeichnet. Das sei ein „konkretes Zeichen der Solidarität“, sagte
       EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy nach stundenlangen Gipfelberatungen in
       Brüssel. Unterschrieben wird der politische Teil des Abkommens. Der
       wirtschaftliche Teil mit weitreichenden Regelungen zum Freihandel soll erst
       zu einem späteren Zeitpunkt besiegelt werden.
       
       Der Gipfel beschloss in der Nacht, aus Protest gegen die Annexion der Krim
       die europäische Sanktionsliste gegen Russland auszuweiten. Gegen zwölf
       zusätzliche Personen werden Einreiseverbote und Kontensperrungen verhängt.
       Einige seien „wirklich hochrangig“, so Van Rompuy. Damit erhöht sich die
       Zahl der Betroffenen auf insgesamt 33. Der französische Präsident François
       Hollande erklärte, bei den Personen gebe es eine Reihe von Überschneidungen
       mit den Sanktionen der USA. „Wir haben zwölf Personen hinzugefügt, in
       Abstimmung mit den Amerikanern“, sagte er.
       
       Die zusätzlichen Namen sollen im Laufe des Tages bekanntgegeben werden.
       Zuvor müssen die ständigen EU-Botschafter der Mitgliedsländer einen
       förmlichen Beschluss fällen.
       
       Russland reagierte erstmals in der Ukraine-Krise mit Einreiseverboten für
       US-Politiker auf die verschärften Strafmaßnahmen des Westens. Es trifft
       neun Politiker wie den republikanischen Senator John McCain und den
       Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, John Boehner, wie das
       Außenministerium in Moskau mitteilte. Die USA hatten Donnerstag die
       Vermögen von 16 russischen Regierungsbeamten, Mitgliedern des inneren
       Zirkels der Führung in Moskau, sowie der Rossija-Bank in den USA
       eingefroren.
       
       ## Schlüsselsektoren Öl und Gas
       
       Durch eine Anordnung Obamas ist ab sofort außerdem der Weg frei für
       Sanktionen gegen ganze russische Wirtschaftszweige. Damit haben die USA nun
       die Möglichkeit, auch den für Russland wichtigen Gas- und Öl-Sektor mit
       Strafmaßnahmen zu belegen. Sanktionen gegen solche „Schlüsselsektoren“
       hätten „bedeutende Auswirkungen“ auf die russische und die globale
       Wirtschaft, betonte Obama.
       
       Die EU-Chefs machten deutlich, dass sie parallel härtere Schritte gegen
       Moskau vorbereiten. „Falls es eine weitere Destabilisierung in der Ukraine
       geben gibt, sollten weitere weitreichende Maßnahmen beschlossen werden“,
       resümierte der britische Premier David Cameron. Mögliche
       Wirtschaftssanktionen könnten eine breite Auswahl an Branchen treffen, so
       Van Rompuy. „Wir haben die Kommission und die Mitgliedstaaten gebeten,
       mögliche gezielte Maßnahmen vorzubereiten.“
       
       Die Staatenlenker sagten den für Juni in Sotschi geplanten
       EU-Russland-Gipfel ab. Einzelne Staaten würden bilaterale Gipfel streichen,
       sagte Van Rompuy.
       
       „Wir haben noch einmal deutlich gemacht, dass wir die territoriale
       Integrität der Ukraine für unabdingbar halten und deshalb die Annexion der
       Krim verurteilen und für illegal halten“, resümierte Bundeskanzlerin Angela
       Merkel.
       
       ## Militärische Zurückhaltung
       
       Unterdessen sagte die russische Führung nach Angaben des
       US-Verteidigungsministeriums militärische Zurückhaltung in der Ukraine zu.
       Die an der ukrainischen Grenze aufmarschierten Truppen hätten nicht die
       Absicht, die Grenze zu überschreiten. Das habe der russische
       Verteidigungsminister Sergej Schoigu seinem Kollegen Chuck Hagel in einem
       Telefongespräch versichert, teilte das Pentagon am Donnerstag mit. Die
       Soldaten seien nur zu Manövern im Grenzgebiet, sagte Schoigu nach diesen
       Angaben. Hagel und Schoigu „stimmten überein, den Dialog weiter offen zu
       halten“.
       
       Auf der Krim leitete die ukrainische Führung den Abzug ihrer Soldaten ein –
       als Reaktion auf die militärische Übermacht der prorussischen Kräfte. Der
       Föderationsrat in Moskau hat am Freitag in letzter Instanz der Aufnahme der
       Krim in die Russische Föderation zugestimmt. Damit ist die Krim nach
       russischem Recht nun endgültig Teil Russlands. Dies wird international als
       illegitimer Anschluss verurteilt. Bei einem vom ukrainischen Staat nicht
       anerkannten Referendum hatte sich eine große Mehrheit der Krim-Bewohner
       Mitte März für einen Beitritt zu Russland ausgesprochen.
       
       Russische Soldaten enterten nach ukrainischen Angaben mindestens drei
       ukrainische Kriegsschiffe auf der Krim. Etwa 20 Bewaffnete seien unter
       Einsatz von Blendgranaten auf die Korvette „Ternopol“ im Hafen von
       Sewastopol vorgedrungen, teilte der ukrainische Marinesprecher Wladislaw
       Selesnjow am Donnerstag mit. Auch Schüsse seien gefallen. Eine russische
       Bestätigung dafür gab es nicht. Auch die Schiffe „Luzk“ und die
       „Chmelnizki“ sollen besetzt worden sein. Die Schiffe waren zuvor wochenlang
       von der russischen Schwarzmeerflotte blockiert worden. Die Ukraine bereitet
       die Räumung ihrer Stützpunkte auf der abtrünnigen Krim vor.
       
       ## Beobachtermission der OSZE?
       
       Die EU ist nach Worten Van Rompuys bereit, eine eigene Beobachtermission in
       die Ukraine zu schicken. Die EU-Chefs forderten die Außenbeauftragte
       Catherine Ashton auf, Pläne für die Unterstützung einer Beobachtermission
       der Organisation für Sicherheit- und Zusammenarbeit in Europa (OSZE)
       auszuarbeiten. „In der Abwesenheit einer OSZE-Mission wird die EU eine
       eigene Beobachtermission entsenden“, sagte Van Rompuy. „Wir handeln in
       Übereinstimmung mit europäischen Werten und Interessen.“
       
       Der Gipfel stellte eine umfassende finanzielle Unterstützung für die von
       der Zahlungsunfähigkeit bedrohte Ukraine in Aussicht. Die EU-Kommission
       hatte eine aufgestockte Zahlungsbilanzhilfe von 1,6 Milliarden Euro
       vorgeschlagen. Die EU will auch Einfuhrzölle für Waren aus der Ukraine
       einseitig aufheben.
       
       21 Mar 2014
       
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