URI: 
       # taz.de -- Faschisten im ukrainisch-russischen Konflikt: Rechter Sektor trifft auf Oplot
       
       > Nationalisten spielten eine wichtige Rolle auf dem Maidan. Heute sind sie
       > an der Regierung beteiligt. Auch auf prorussischer Seite wächst ihr
       > Einfluss.
       
   IMG Bild: Nur Nationalisten oder doch Faschisten? Anonyme Schläger des „Rechten Sektors“
       
       KIEW taz | Im November vergangenen Jahres tauchten sie erstmalig auf dem
       Maidan in Kiew auf: Mitglieder des „Rechten Sektors“ präsentierten sich
       unter einer rot-schwarzen Fahne in paramilitärischem Outfit als „Teil des
       Selbstverteidigungssystems“ der oppositionellen Dauerdemo.
       
       Der Zusammenschluss nationalistischer Gruppen vereint sowohl Gemäßigte als
       auch Extremisten. In ihren täglichen Presseerklärungen bemüht sich die
       Organisation, nicht als rechtsextrem oder gar faschistisch zu erscheinen.
       Der Grund: Der Rechte Sektor, dessen Anführer Dmitri Jarosch bereits jetzt
       Vizeminister für Nationale Sicherheit ist, beabsichtigt, eine politische
       Partei zu gründen – und um die zu registrieren, muss die Organisation
       zumindest offiziell von Extremisten Abstand halten.
       
       Unschuldslämmer sind die die Mitglieder des Rechten Sektors deshalb nicht.
       Die meisten sind militärisch ausgebildet. Der Organisation nahestehende
       Quellen behaupten zwar, der rechte Sektor verfüge nicht über Schusswaffen –
       aber das könnte sich in Anbetracht der Tatsache, dass die Ukraine einer der
       führender Waffenhersteller der Welt ist, ganz schnell ändern.
       
       Laut Umfragen sehen viele Ukrainer angesichts der russischen
       Militärintervention auf der Krim und der instabilen Lage im Osten des
       Landes in nationalistischen ukrainischen Organisationen keine Gefahr,
       sondern eine Alternative zur offiziellen Armee. Laut Rechter-Sektor-Chef
       Jarosch ist die Zahl der Regionalabteilungen der Organisation in allen
       westlichen Gebieten und in Kiew sprunghaft angestiegen.
       
       ## 15 bis 20 Prozent Zustimmung
       
       Auch die Sympathiewerte der Extremisten in der ukrainischen Bevölkerung
       steigen: Der bis vor Kurzem völlig unbekannte Jarosch würde laut
       Forschungszentrum „Sozis“ heute bei einer Präsidentschaftswahl immerhin 2
       Prozent der Stimmen erhalten. Der Politologe Wladimir Fesenko meint, dass
       der Rechte Sektor und sein Hauptkonkurrent, die Partei „Swoboda“ zusammen
       mit mindestens 5, vielleicht sogar 15 bis 20 Prozent rechnen können.
       
       Im Osten des Landes spielen ukrainische Nationalisten keine Rolle. Aber das
       heißt nicht, dass es dort keine Extremisten gäbe. Alte gesellschaftliche
       Organisationen, die teils offiziell, teils insgeheim durch Russland
       finanziert werden, radikalisieren sich rapide. Sie ähneln immer mehr der
       von Jewgeni Schilin geführten Charkiwer Organisation „Oplot“ (Bollwerk).
       
       Ihren Namen bezieht die Gruppierung von Kampfclubs in der Ukraine, in denen
       ohne Regeln in einem Käfig gekämpft wird. Schilin machte kein Hehl daraus,
       dass er seine Kämpfer auf eben diese Weise trainiert.
       
       ## Kleinkriminelle im Einsatz
       
       Kurz vor der Flucht von Expräsident Janukowitsch vereinigte sich Oplot mit
       der in aller Schnelle gegründeten prorussischen politischen Vereinigung
       „Ukrainische Front“, die durch geheime Geldtransfers unmittelbar aus Moskau
       finanziert wird. Mit dem Geld werden Waffen gekauft, Teilnehmer
       prorussischer Demos bezahlt sowie „Tituschki“ angeheuert – Kleinkriminelle,
       die gezielt zum Auslösen von Unruhen und Massenschlägereien eingesetzt
       werden.
       
       Immerhin: Nach Aussage ihrer jeweiligen Führungen verfügen momentan weder
       die ukrainischen im Westen noch die pro-russischen Extremisten im Osten der
       Ukraine über ausreichend große Waffenarsenale, um im Falle einer weiteren
       Eskalation eine Gefahr für die staatlichen Autoritäten darzustellen. Zudem
       sind zumindest die ukrainischen Nationalisten offiziell davon überzeugt,
       dass ein Waffeneinsatz angesichts der militärischen Überlegenheit der
       russischen Seite auf keinen Fall anzustreben ist.
       
       Denn sobald Moskau einen Beweis für Waffeneinsatz seitens der Ukrainer in
       der Hand hätte, könnte es ganz offiziell Militär ins Nachbarland schicken,
       um die Rechte der dortigen russischsprachigen Bevölkerung zu schützen –
       ganz so, wie es auf der Krim bereits geschehen ist.
       
       19 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andrej Nesterko
       
       ## TAGS
       
   DIR Ukraine
   DIR Nationalismus
   DIR Maidan
   DIR Rechter Sektor
   DIR Ukraine
   DIR Ukraine
   DIR Faschismus
   DIR Ukraine
   DIR Ukraine
   DIR Ukraine
   DIR Swoboda
   DIR Ukraine
   DIR Russland
   DIR NPD
   DIR Ukraine
   DIR Faschisten
   DIR Proteste in der Ukraine
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Rechtsnationale aus Ukraine und Russland: Wenn aus Feinden Freunde werden
       
       Ukrainische Antifas wollen eine Gedenkkundgebung abhalten. Dabei treffen
       sie auf Gegenwehr russischer und ukrainischer Rechtsextremisten.
       
   DIR Ukrainische Rechtsextreme protestieren: Rücktritt des Innenministers gefordert
       
       Die Regierung überlegt ein Verbot des „Rechten Sektors“. Der wiederum will
       Arsen Awakow aus dem Amt jagen. Die Maidan-Allianz zerbröckelt.
       
   DIR Wissenschaftler über Rechte in Ukraine: „Das Potenzial ist da“
       
       Rechtsextreme haben keinen großen Einfluss in der Ukraine, sagt Leonid
       Finberg, Vorstandsmitglied der Jüdischen Konföderation in der Ukraine.
       
   DIR Ukrainischer Musik-Star: Russendisko war gestern
       
       Slawa Wakartschuk von der ukrainischen Band Okean Elzy beschwört die
       Einheit seines Landes und versprüht Optimismus. Aber nicht in Russland.
       
   DIR Ukrainer verlassen die Krim: „Das ist richtiger Terror“
       
       Wer auf der Krim gegen den Beitritt zu Russland ist, wird eingeschüchtert.
       Viele verlassen die Halbinsel. Fraglich, ob sie je zurückkehren.
       
   DIR Die Krimkrise und ihre Folgen: EU und USA erhöhen den Druck
       
       Unter den EU-Mitgliedstaaten herrscht Uneinigkeit, ob jetzt wirtschaftliche
       Strafmaßnahmen gegen Russland verhängt werden sollen. Derweil spricht
       Obama.
       
   DIR Faschistische Attacke in der Ukraine: Swobodas Verständnis von Freiheit
       
       Abgeordnete der faschistischen Swoboda-Partei haben einen TV-Chef in der
       Ukraine gewaltsam zum Rücktritt gezwungen. Nun ist die Empörung groß.
       
   DIR Streit um die Krim: Für Merkel gibt es G8 nicht mehr
       
       Behörden teilen auf der Krim russische Pässe aus, der ukrainische
       Marinechef ist wieder frei. Angela Merkel droht Russland mit Sanktionen und
       G8-Ausschluss.
       
   DIR Nach russischer Annexion der Krim: Milizen erobern Militärbasen
       
       Prorussische Milizen übernehmen ukrainische Stützpunkte auf der Halbinsel
       Krim. Es gibt erste Tote durch Heckenschützen. Die EU berät sich ab
       Donnerstag.
       
   DIR Europäische Allianz der Ultrarechten: Nation als Einheit von Blut und Geist
       
       Die NPD-Jugend veranstaltet ein Treffen rechtsextremer Parteien. Zum
       Bedauern der Veranstalter kann der ukrainische „Rechte Sektor“ nicht
       kommen.
       
   DIR Kommentar „Faschismus“ im Krim-Konflikt: Machtpolitik im sowjetischen Stil
       
       Russland nennt die ukrainischen Machthaber „Faschisten“ – und macht damit
       Verhandlungen obsolet. Rassismus im eigenen Land wird verschwiegen.
       
   DIR Assad-Fans in Italien: Mit Syrienflagge und Hitlergruß
       
       Stalinisten und Nazis treffen sich in ihrem diffusen Antiimperialismus.
       Aber auch in ihrer Unterstützung des syrischen Diktators sind sie sich
       einig.
       
   DIR Rechtsextremismusexpertin über Ukraine: „Bedrohung ist russische Propaganda“
       
       Wladimir Putin behauptet, er wolle die in der Ukraine lebenden Russen
       schützen. Die brauchen seinen Schutz nicht, erklärt Alina Polyakova.