# taz.de -- Korruptionsaffäre in der Türkei: Gül distanziert sich von Erdogan
> Der türkische Staatspräsident Abdullah Gül setzt sich deutlich von seinem
> Parteifreund ab. Er fordert, die Schuldigen am Tod von Berkin Elvan rasch
> zu finden.
IMG Bild: Will einen anderen Weg nehmen als Recep Tayyip Erdogan: Abdullah Gül - hier vor der UN-Vollversammlung im September 2013.
ISTANBUL afp | Der türkische Staatspräsident Abdullah Gül hat sich in der
Korruptionsaffäre um die Regierung in Ankara mit klaren Worten von
Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan distanziert. Im Gespräch mit
türkischen Journalisten während eines Besuchs in Dänemark wies Gül die
These Erdogans, bei den Vorwürfen handle es sich um ein Komplott
ausländischer Kräfte, als Äußerungen wie aus „Drittweltländern“ zurück, wie
türkische Zeitungen am Mittwoch berichteten. Korruptionsvorwürfe gegen vier
Ex-Minister Erdogans sollen am Mittwoch bei einer Sondersitzung des
Parlaments in Ankara debattiert werden.
Erdogan macht die Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen für
die Korruptionsvorwürfe verantwortlich und wirft Gülen vor, er wolle mit
der Bildung „paralleler Strukturen“ im Staatsapparat die Regierung stürzen.
Gül vermied die Verwendung dieses Begriffs und sagte, Staatsbedienstete
könnten durchaus „unterschiedliche Ansichten“ haben. Sollte es Verfehlungen
gegeben haben, gebe es rechtliche Mittel zu deren Ahndung. Er forderte
zudem, die Korruptionsvorwürfe gegen die Regierung müssten transparent
aufgearbeitet werden.
Anders als Erdogan verlangte Gül auch, die Schuldigen für den Tod des
Jugendlichen Berkin Elvan müssten rasch gefunden werden. Der Junge war
während der Gezi-Proteste im vergangenen Jahr von einer Tränengaskartusche
der Polizei am Kopf getroffen worden und nach monatelangem Koma in der
vergangenen Woche gestorben. Gül betonte, der Rechtsstaat müsse
sicherstellen, dass sich ein solcher Fall nicht wiederhole. Erdogan hatte
das Vorgehen der Polizei gerechtfertigt.
Gül und Erdogan sind politische Weggefährten und zählen zu den Gründern der
Regierungspartei AKP. Kritiker werfen Gül vor, aus Rücksicht auf Erdogan
die Kontrollbefugnisse des Staatspräsidenten über die Regierung nicht
genügend einzusetzen. Erdogan werden Ambitionen auf das Präsidentenamt
nachgesagt, doch hat Gül bisher nicht erklärt, ob er bei der ersten
Direktwahl des Staatsoberhaupts im August noch einmal antreten will.
19 Mar 2014
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