URI: 
       # taz.de -- Ein Jahr nach Ende des Freihafens: Barrierefreier Handel brummt
       
       > Ein Jahr nach Auflösung des Zollsondergebiets mitten in Hamburg ziehen
       > alle Beteiligten eine positive Bilanz. Die Globalisierung hat Bismarcks
       > Rezepte überholt.
       
   IMG Bild: Als erster abgebaut: Der Freihafenzaun am Spreehafen auf der Veddel wurde im Januar 2013 demontiert.
       
       So viel Einigkeit war selten im Rathaus. „Die Auflösung des Freihafens vor
       einem Jahr ist eine Erfolgsgeschichte“, verkündete der parteilose
       Wirtschaftssenator Frank Horch – und die neben ihm sitzenden VertreterInnen
       von Zoll, Spediteursverband, Hafenwirtschaft und Handelskammer nickten mit
       den Köpfen. „Dieser Schritt war richtig“, sagte Hans Fabian Kruse von der
       Handelskammer. Der Verkehr im Hafen fließe besser und rascher,
       Zollformalitäten seien erheblich reduziert worden oder ganz entfallen, die
       Unternehmen könnten ihre Logistik besser planen: „Alle
       Wirtschaftsbeteiligten“, so Kruse, „haben mehr Flexibilität.“
       
       Zum 1. Januar war der Freihafen in Hamburg nach 124 Jahren aufgelöst worden
       (siehe Kasten). Als erster wurde der Drahtgitterzaun am Spreehafen
       entfernt, seitdem haben die Bewohner der Veddel wieder Zugang zum Wasser.
       Weitere der kilometerlangen Zäune werden schrittweise entfernt, ebenso die
       Kontrollstellen. Die an die ehemalige deutsch-deutsche Grenze erinnernde
       Atmosphäre rund um den abgesperrten Hafen löst sich zusehends auf.
       
       Seit Mitte der 1990er-Jahre wurde offensichtlich, dass der Sonderstatus aus
       Zeiten, in denen Europa und auch Deutschland engmaschig von Zollgrenzen
       durchzogen wurde, sich im Zeitalter der Globalisierung überlebt hatte. Denn
       Zölle spielen im internationalen Warenverkehr nur noch eine untergeordnete
       Rolle. Und in Hamburg werden mittlerweile rund 90 Prozent der Importe für
       den Weitertransport in andere EU-Länder umgeschlagen. Die Güter bleiben
       damit innerhalb des gemeinsamen Zollgebiets eine Gemeinschaftsware.
       
       Deshalb hatte der damalige schwarz-grüne Senat 2009 beschlossen, die
       Freizone zum 1. Januar 2013 gänzlich aufzuheben. 2003 war bereits die
       Speicherstadt aus dem Freihafengebiet herausgelöst worden, um den Bau der
       Hafencity zu ermöglichen.
       
       Der Freihafen geht zurück auf das Jahr 1881, in dem auf Druck von
       Reichskanzler Otto von Bismarck Hamburg ins deutsche Zollgebiet eintreten
       musste. Nur ein kleines Areal wurde ausgenommen: der Freihafen mit der
       Speicherstadt im Zentrum. Für deren Bau waren in den 1880er-Jahren die
       dicht besiedelten Quartiere auf den Inseln Grasbrook, Wandrahm und
       Kehrwieder plattgemacht worden. Binnen zwei Jahren wurden etwa 1.000 Häuser
       abgerissen und rund 20.000 Menschen, zumeist ärmliche Hafenarbeiter,
       zwangsweise umgesiedelt – Gentrifizierung nach Kaufmannsart. Die neuen
       Arbeitersiedlungen lagen etwa in Barmbek und auf dem Dulsberg und sorgten
       für lange Arbeitswege. 1910 wurde der Freihafen nach Waltershof erweitert.
       
       Die Aufhebung der Zollgrenzen sollte dem wirtschaftlichen Wachstum dienen.
       Und der Beschleunigung internationaler Logistikketten nach dem Vorbild des
       Containerterminals Altenwerder der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA),
       der nie Teil des Freihafens war. Dort sind seit Betriebsaufnahme 2002 die
       Containerbrücken direkt mit dem Zoll verbunden. Sobald ein Container
       abgestellt wird, geht eine Meldung mit allen relevanten Daten digital an
       den Zoll. Binnen weniger Minuten erhält der Importeur Steuerbescheid und
       Transportfreigabe.
       
       Dieser Umstellungsprozess sei „in jeder Hinsicht geglückt“, sagt Colette
       Hercher, Präsidentin der Bundesfinanzdirektion Nord, alle Beteiligten seien
       zufrieden. Und das sei wichtig gewesen, um die „Wettbewerbsfähigkeit des
       Hafens gegenüber den Konkurrenten an der Nordsee zu sichern und
       auszubauen“, glaubt Senator Horch. Und wieder nickten alle.
       
       18 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven-Michael Veit
       
       ## TAGS
       
   DIR Hafenpolitik
   DIR Freihandel
   DIR Hamburg
   DIR Containerschifffahrt
   DIR Hamburger Hafen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Verdrängungskampf der Reedereien: Dänen hängen Hamburger ab
       
       Die Krise in der Frachtschifffahrt hält an und der Handel mit Russland geht
       zurück. Nur der dänische Marktführer Maersk verdient weiterhin gut.
       
   DIR Abegail Fortich über das Leben der Seeleute: „Einsam sein kann man überall“
       
       Die Philippinin Abegail Fortich betreut im Hamburger Hafen Matrosen. Ein
       Herzensjob, der sie von ihrem eigenen Heimweh ablenkt.
       
   DIR Hafengeschäfte: Millionendeal unter der Lupe
       
       Hamburg hat über 100 Millionen Euro für Hafenflächen an dortige Firmen
       gezahlt. Was die Stadt dafür bekam, ist unklar.
       
   DIR Hafencity: Hamburg will ganz hoch hinaus
       
       Wohntürme von mindestens 150 Metern Höhe sollen an den Elbbrücken den neuen
       Eingang in die Stadt bilden. Das sieht der neue Masterplan östliche
       Hafencity vor.