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       # taz.de -- Korruption in Usbekistan: Das Geld unter der Badewanne
       
       > Lange galt Gulnara Karimowa, Lieblingstochter des usbekischen
       > Präsidenten, als mögliche Nachfolgerin. Jetzt laufen in Europa
       > Ermittlungen gegen sie.
       
   IMG Bild: „Was, ich soll korrupt sein?“, scheint die usbekische Präsidententochter zu sagen.
       
       BERLIN taz | Gulnara Karimowa sitzt in der Falle. Gegen die usbekische
       Präsidententochter werde seit dem 16. September wegen „Geldwäsche“ und
       „Korruption“ in der Schweiz und anderen europäischen Staaten ermittelt,
       erklärte letzte Woche nun erstmals die Schweizer Bundesanwaltschaft, 800
       Millionen Franken seien beschlagnahmt worden. Der bisher größte
       Geldwäscheskandal in der Schweiz ist Teil eines erbitterten Machtkampfs im
       fernen Usbekistan.
       
       Seit 1989 herrscht Islam Karimow unangefochten in dem zentralasiatischen
       Land an der Grenze zu Afghanistan. Trotz schwerster
       Menschenrechtsverletzungen ist der usbekische Despot ein Partner der Nato
       im Afghanistankrieg, die Bundeswehr unterhält im südusbekischen Termes
       einen Luftwaffenstützpunkt. Lange unterdrückte der 76-jährige Karimow eine
       Nachfolgedebatte. Im September 2013 brach die monolithische Machtstruktur
       auf. Es tobte ein offener Machtkampf um das Erbe in der Präsidentenfamilie.
       Gulnara Karimowa hatte sich als potenzielle Nachfolgerin ins Spiel
       gebracht. Nun ist sie entmachtet.
       
       2012 deckten schwedische Journalisten auf, dass die skandinavische
       Mobilfunkgesellschaft Teliasonera über 200 Millionen Euro an eine Strohfrau
       von Karimowa für den Marktzugang nach Usbekistan bezahlt habe, zeitgleich
       beschlagnahmten Schweizer Behörden einen dreistelligen Millionenbetrag.
       Teliasonera bestreitet die Zahlung.
       
       Im Oktober wurden ihr Geschäfts- und Medienimperium und ihre Stiftung in
       Usbekistan geschlossen. Im Februar stürmten usbekische Sicherheitskräfte
       die Privatgemächer, verhafteten ihre Getreuen und setzen sie unter
       Hausarrest. Unklar ist, ob Karimow die Entmachtung der Lieblingstochter
       angeordnet hat, oder ob er auch selbst Opfer der Hofintrige ist.
       
       ## Korruption und Bestechung gehören zum Alltag
       
       Bisher waren alle Skandale an Gulnara Karimowa abgeprallt. Schon 2003 hatte
       die Financial Times, gestützt auf Unterlagen eines getürmten
       Finanzberaters, berichtet, wie die Harvardabsolventin die einheimische
       Wirtschaft ausraubte. „Usbekistan ist das weltweit größte
       Familienunternehmen“, lästert der US-amerikanische Journalist Scott Horton,
       das Land werde als Beute betrachtet. Korruption und Bestechung sind in dem
       zentralasiatischen Land nichts Ungewöhnliches, bei Transparency
       International rangiert Usbekistan an achtletzter Stelle.
       
       2010 ging die Zeromax GmbH, über die usbekisches Gas, Gold und Baumwolle
       verkauft wurden, im Schweizer Zug mit vielen Milliarden Franken Schulden
       pleite, ohne dass eine direkte Verbindung zu Gulnara Karimowa nachgewiesen
       wurde. Doch diesmal kam es anders. Im Sommer verlor Gulnara Karimowa die
       diplomatische Immunität als UN-Botschafterin in Genf, dann verstieß die
       jüngere Schwester Lola Karimowa sie in einem BBC-Interview aus der Familie:
       „Uns verbindet keine verwandtschaftliche Beziehung.“
       
       Gulnara wehrte sich lange über Twitter. „Wir sind alle nicht sauber“,
       schrieb sie, rief zum Kampf gegen die Staatssicherheit auf, warf der
       jüngeren Schwester Kokainkonsum vor und der Mutter, Geld unter der
       Badewanne des Vaters zu verstecken. Der usbekische Geheimdienst habe,
       erklärte sie auf Twitter, mit kompromittierendem Material den
       Teliasonera-Skandal ausgelöst.
       
       Nach ihrer Entmachtung geht der Machtkampf weiter. Ihr Vater verbot
       vergangene Woche allen hochrangigen Beamten, ohne seine Genehmigung das
       Land zu verlassen. Das Ausreiseverbot gelte auch für die
       Familienmitglieder, berichtet eine der Staatssicherheit nahestehende Seite.
       Die usbekische Elite solle nicht mehr unkontrolliert Geld außer Landes
       bringen. Geraubt wird in Usbekistan auch ohne Gulnara Karimowa. Die jüngere
       Schwester soll vergangenes Jahr in Beverly Hills ein Anwesen im Wert von
       über 50 Millionen US-Dollar erworben haben.
       
       17 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marcus Bensmann
       
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