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       # taz.de -- Kommentar „Faschismus“ im Krim-Konflikt: Machtpolitik im sowjetischen Stil
       
       > Russland nennt die ukrainischen Machthaber „Faschisten“ – und macht damit
       > Verhandlungen obsolet. Rassismus im eigenen Land wird verschwiegen.
       
   IMG Bild: Russland oder Faschismus: Plakat zum Krim-Referendum.
       
       Mit Faschisten diskutiert man nicht. Die Vorstellung von der Ungleichheit
       der Menschen, gepaart mit dem Wunsch nach einer Diktatur, ruft vielmehr
       nach sofortigen Gegenmaßnahmen. Der Kampf gegen den Faschismus ist
       Konsequenz aus der NS-Herrschaft, in deren Folge mehr als 50 Millionen
       Menschen Opfer des Krieges wurden – davon ein großer Teil sowjetische
       Bürger und Soldaten. Das Feiern des Sieges im Großen Vaterländischen Krieg
       zählt in Russland zum Kern des gesellschaftlichen Konsenses. Dieser Sieg
       hat Millionen Menschen das Leben gerettet.
       
       So weit, so richtig. Nun allerdings ist der Faschismus in neuem Gewande
       zurückgekehrt. Russland hat die ukrainischen Machthaber als Faschisten
       identifiziert. Am Rande einer Pro-Putin-Demonstration an diesem Wochenende
       in Moskau wurden gar Bilder von deutschen Konzentrationslagern gezeigt.
       
       Mit dieser Belegung des politischen Gegners als „Faschist“ werden
       Verhandlungen obsolet. Mit Faschisten spricht man nicht, man schlägt sie.
       Nun haben die neuen Machthaber in Kiew Moskau den Gefallen getan,
       Rechtsradikale in die Regierung aufzunehmen. Sie wollten das Sprachgesetz,
       das Russisch als Amtssprache festlegt, aufheben. Rechtsradikale
       Demonstranten haben auf dem Kiewer Maidan unzweifelhaft eine Rolle
       gespielt. An diese Tatsachen knüpft die russische Legende von der
       faschistischen Gefahr an. Sie macht sich dabei nicht die Mühe zu
       differenzieren.
       
       In Wahrheit lässt sich die Kontinuität rassistischen und antisemitischen
       Verhaltens in der Ukraine genauso beobachten wie in Russland. In der
       Ukraine werden jüdische Friedhöfe geschändet, unabhängig davon, wer gerade
       in Kiew regiert. In Moskau werden Menschen, deren Aussehen nicht dem
       entspricht, was sich manche Menschen zur Norm gemacht haben, immer wieder
       gejagt, geschlagen und getötet. Die Staatsmacht hält sich in beiden Ländern
       in solchen Fällen bemerkenswert zurück, ja, sie partizipiert bisweilen
       sogar daran. Es ist eine ekelhafte Funktionalisierung, wie der
       Faschismusbegriff in diesen Tagen von Russland verwendet wird.
       
       So sollen historische Kontinuitäten zwischen der NS-Herrschaft und einem
       demokratischen Staat konstruiert werden, die nicht existieren. So wird der
       der eigenen Gesellschaft innewohnende Rassismus unter den Teppich gekehrt.
       So wird in einem autoritären Staat unter Hinwendung auf die größte
       Katastrophe der europäischen Geschichte ein gesellschaftlicher Konsens
       hergestellt. So wird Machtpolitik im sowjetischen Stil betrieben. Und so
       fallen manche gutgläubige Deutsche auf diese Propaganda herein, weil sie
       mit vermeintlichen „Faschisten“ in Kiew nichts zu tun haben wollen.
       
       17 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus Hillenbrand
       
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