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       # taz.de -- Ein Nachmittag im Görlitzer Park: „Taste it“
       
       > Ist die Atmosphäre im Görlitzer Park in Berlin-Kreuzberg wirklich so
       > angespannt? Ein kurzer Besuch
       
   IMG Bild: Meistens sind die Händler im "Görli" freundlicher drauf.
       
       14.57 Uhr – Sonniges Frühlingswetter, der Görlitzer Park ist gut gefüllt.
       Ich sitze auf einer Bank am Gehweg, der zur Mitte des Parks führt.
       Angesichts des Kokainfunds auf einem Kinderspielplatz ist es entspannt.
       Gegenüber, hinter mir und weiter links verteilen sich an die 15 Dealer.
       
       14.59 Uhr – „Ey, wie geht’s?“ – „Alles gut?“ – „Ey, big man!“ werden die
       vorbeiziehenden Menschen von den Dealern angesprochen. Immer vorsichtig,
       zurückhaltend, kumpelhaft. Auch zu mir setzt sich jemand, fragt auf
       Englisch: „Want some?“ Er bietet auch einen Zug von seiner Tüte an, „taste
       it“. Wenn ich mal was wolle, solle ich zu ihm kommen – und zwar nur zu ihm.
       Er hat ein hochgewachsenes Gesicht, ist hager, trägt eine schwarze
       Wollmütze und ein großes Pflaster auf seinem linken Wangenknochen.
       
       15.12 Uhr – Während in diversen Zeitungen von resignierten Anwohnern,
       aufgebrachten Politikern und Kriminalbeamten die Rede war, herrscht hier
       normaler Alltag. Mütter mit Kinderwagen, Fahrradfahrer, Paare, Eis Essende,
       Rentner, Alternative, Schülergruppen. Auch die Dealer untereinander
       verbreiten eine gute Stimmung, lachen.
       
       15.33 Uhr – Ein Mann Ende 20 kommt auf seinem Mountainbike und erkennt
       einen der Dealer. Er hält an, die beiden begrüßen sich. Er habe ihn
       letztens gesucht, er wolle nicht bei anderen kaufen. Sie plaudern ein
       wenig, bis der Mountainbiker besorgt nach einer Wunde auf Höhe der Schläfe
       fragt.
       
       15.40 Uhr – Während die anderen Jungs in meiner unmittelbaren Nähe ihrem
       Geschäft nicht wirklich tüchtig nachgehen, ist einer in ständigem Kontakt
       mit Passanten. Viele kennen ihn. Zwei junge Damen mit ihrem kleinen Hund
       kommen auf ihn zu. Sie quatschen ein wenig. Als sie ihn nach Gras fragen,
       knickt er ein, schenkt ihnen was.
       
       15.45 Uhr – Plötzlich werde ich von der Seite angeblafft: „Are you a
       journalist!?“ Er lässt sich kurz über unsere Zunft ab: Immer irgendwo
       rumsitzend, beobachtend. Eindringlinge.
       
       15.54 Uhr – Die beiden Damen teilen ihre letzten Züge mir ihrem Spender.
       
       16.03 – „Ey, wo ist Mustafa?“, schallt es von links. Ein Türke, Mitte
       dreißig, geht auf einen der Jungs auf der Bank neben mir zu. Sie lachen
       beide, und während er sich zu ihm setzt, fragt er ihn nach einem Zehner.
       Der wird aus einem Kaffeepappbecher ausgepackt und übergeben.
       
       16.07 Uhr – Auf meinem Weg raus sitzt auf der letzten Bank vor dem Becken
       eine Gruppe Jugendlicher, die sich einen dreht. Zwei von ihnen stimmen mit
       dem Dealer ein Lied an.
       
       16.13 Uhr – Überwachungskameras im Görli? Schwer vorstellbar. Sogar die
       sonst für einen eher liberalen Umgang bekannte Bezirksbürgermeisterin
       Monika Herrmann hat ihre Haltung geändert. Ein Maßnahmenpaket zusammen mit
       Polizei, Ordnungsamt, Quartiersmanagement und Anwohnern soll zeitnah
       entwickelt werden. Mit dem Kokainfund auf dem Kinderspielplatz ist eine
       Grenze überschritten. Ist hier also bald eine Zone im Ausnahmezustand zu
       befürchten? Während viele Besucher den Drogenhandel fürchten, ist ein
       Besuch im Görli für andere momentan noch entspannend. BARAN KORKMAZ
       
       17 Mar 2014
       
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