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       # taz.de -- Opferzahlen in Berlin: Licht ins rechte Dunkel
       
       > Anstieg von rassistischen, homophoben und antisemitischen Gewalttaten:
       > Opferberatung ReachOut verzeichnet Höchststand seit Gründung des Projekts
       
   IMG Bild: Von hier gehen die Nazis gerne auf Tour: die rechte Szenekneipe Henker in Schöneweide
       
       Eine Gruppe Asylbewerber steht am U-Bahnhof Cottbusser Platz in
       Hellersdorf. Plötzlich werden sie von vier Jugendlichen bedrängt. Sie
       beschimpfen die Flüchtlinge und hetzen ihren Kampfhund gegen sie auf. Die
       Gruppe flüchtet in ihre Unterkunft. Sabine Seyb von der
       Opferberatungsstelle ReachOut kann von vielen solcher Vorfälle berichten.
       
       ReachOut dokumentiert Gewalttaten und Bedrohungen mit rassistischem,
       homophobem oder antisemitischem Hintergrund. Gestern stellte die Initiative
       ihre Statistik für das vergangene Jahr vor. 185 Übergriffe und Bedrohungen
       sind darin verzeichnet, 288 Menschen waren von den Angriffen betroffen.
       
       Es sind die höchsten Zahlen seit der Gründung des Projekts 2001. Im Vorjahr
       waren nur 139 Angriffe registriert worden. Seyb führt diese Entwicklung
       einerseits auf einen tatsächlichen Anstieg zurück. Andererseits seien
       Polizei und Gesellschaft aber auch sensibler für das Thema geworden. „Durch
       unser kontinuierliches Monitoring hat sich das Dunkelfeld ein bisschen
       erhellt.“
       
       Das Motiv für die Tat war in den meisten Fällen Rassismus (87). An zweiter
       Stelle folgten Homophobie (44) und Aggressionen gegen politische Gegner aus
       dem linken Spektrum (27). Acht antisemitische Taten wurden erfasst.
       
       Die meisten Angriffe fanden nicht im Verborgenen statt, sondern im
       öffentlichen Raum (121), in U-Bahnen oder auf Bahnhöfen (42) – „oft am
       helllichten Tag“, sagt Seyb. Eine Häufung von Vorfällen habe es in
       Berlin-Hellersdorf gegeben – dort war im Sommer 2013 ein Asylbewerberheim
       eröffnet worden.
       
       Ein breiteres Spektrum an Vorfällen mit diskriminierendem Hintergrund, als
       die Statistik es erfasst, dokumentieren die Berliner Register in den
       Bezirken. Das vom Senat unterstützte Projekt verzeichnet nicht nur
       Körperverletzungen und Bedrohungen, sondern auch Pöbeleien auf der Straße,
       rechtsextreme Veranstaltungen oder Schmierereien an Hauswänden. 2013 seien
       berlinweit rund 900 Vorfälle registriert worden, so Koordinatorin Kati
       Becker, davon etwa die Hälfte Propagandadelikte und 15 Prozent körperliche
       Angriffe.
       
       Auffällig sei eine Schwächung der organisierten rechten Szene. „Oft sind es
       eher Alltagsrassisten“, sagt Sabine Seyb. Homophobie, Rassismus und
       Antisemitismus blieben eben weiter ein gesamtgesellschaftliches Phänomen.
       
       13 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hannah König
       
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