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       # taz.de -- Freilassung eines US-Häftlings: Ein halbes Leben einfach geklaut
       
       > 1984 ging Glenn Ford als Zeuge zur Polizei und landete in der Todeszelle.
       > Trotz zahlreicher Ermittlungsfehler kam er erst jetzt wieder aus dem
       > Gefängnis.
       
   IMG Bild: Zurück in Freiheit: Glenn Ford am Dienstag in Angola, Louisiana.
       
       BERLIN taz | „Als ich wegging, waren meine Söhne Babys. Jetzt sind sie
       erwachsene Männer mit eigenen Babys“, sagte Glenn Ford, als er am Dienstag
       das Staatsgefängnis des US-Bundesstaates Louisiana verlassen durfte.
       
       30 Jahre hatte der 64-Jährige dort eingesessen und auf die Vollstreckung
       der Todesstrafe gewartet – für ein Verbrechen, das er nie begangen hatte.
       Seine Anwälte und er gaben nie auf: Jetzt wurde das Urteil endlich
       aufgehoben und er kam frei.
       
       Im Februar 1984 war Ford festgenommen worden. Genauer: Er war selbst zur
       Polizei gegangen, die ihn als Zeugen im Fall des Mordes am Juwelier Isadore
       Rozeman im November 1983 vernehmen wollte.
       
       Dann kam eins zum anderen: falsche Zeugenaussagen. Von der Polizei
       unterdrückte Beweismittel und gefälschte Angaben über den genauen
       Tatzeitpunkt. Unfähige, unerfahrene Pflichtverteidiger, die weder jemals
       die Verteidigung in einer Mordanklage geführt noch überhaupt vor einem
       Geschworenengericht verhandelt hatten. Eine rein weiße Jury in einem der
       Südstaaten der USA. Und prompt wurde der vollkommen unschuldige 34-jährige
       Schwarze Glenn Ford, der gelegentlich den Rasen des Juweliers gemäht und
       auch am Mordtag um Arbeit nachgefragt hatte, zum Tode verurteilt.
       
       ## Immer mehr Verfahrensfehler
       
       Auch als immer mehr Verfahrensfehler auftauchten und auch die Hauptzeugin –
       die damalige Freundin des mutmaßlich tatsächlichen Täters – ihre
       ursprünglich belastende Aussage als „komplett gelogen“ widerrief, blieb das
       Todesurteil gegen Ford bestehen. Erst jetzt, als Ford aufgrund neuer
       Beweise definitiv darlegen konnte, zum Tatzeitpunkt nicht am Tatort gewesen
       zu sein, wurde das Urteil aufgehoben.
       
       Nicht nur seine Angehörigen und Anwälte, sogar die Familie des Opfers
       begrüßte seine Freilassung. „Glenn Ford ist der lebende Beweis dafür, wie
       kaputt unser Justizsystem wirklich ist“, sagt Thenjiwe Tameika McHarris von
       Amnesty International USA.
       
       Er fühle sich gut, sagte der inzwischen 64-jährige Ford auf Reporterfragen
       am Dienstag. Aber da sei auch Groll: „Ich kann nicht zurückgehen und all
       das machen, was ich eigentlich hätte tun sollen, als ich 35, 38 oder 40
       war.“
       
       12 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernd Pickert
       
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