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       # taz.de -- Katholischer Frauenbund über Marx: „Eine Bischöfin ist unvorstellbar“
       
       > Die deutschen Bischöfe haben einen neuen Vorsitzenden gewählt. Die
       > Öffnung der Kirche ist „noch ausbaufähig“, sagt Maria Flachsbarth.
       
   IMG Bild: Ein reiner Männerclub, diese katholische Kirche.
       
       taz: Frau Flachsbarth, seit Franziskus vor einem Jahr Papst wurde, ist die
       Rede von Veränderung in der katholischen Kirche. Jetzt hat die Deutsche
       Bischofskonferenz einen neuen Vorsitzenden gewählt. Was erwarten Sie von
       ihm? 
       
       Maria Flachsbarth: Der neue Vorsitzende sollte offen sein und auf Menschen
       zugehen, er sollte sich ihren Sorgen zuwenden.
       
       Könnten Sie sich auf diesem Posten auch eine Frau vorstellen? 
       
       Derzeit nicht. Der Katholische Frauenbund setzt sich für eine Weiheamt für
       Frauen, für das Diakonat der Frau ein.
       
       Mit welchem Erfolg? 
       
       Wir werben und beten immer wieder dafür. Aber die katholische Kirche ist in
       ihrer Hierarchie männlich dominiert. Dennoch Frauen spielen in ihr eine
       zentrale Rolle. Gemeindearbeit wäre ohne Frauen nicht mehr möglich.
       
       Für die sie teilweise nicht einmal bezahlt werden. Entscheiden dürfen
       Frauen nichts. 
       
       Daher fordert der katholische Frauenbund auch mehr Frauen in
       Führungspositionen jenseits des Weiheamtes. Hier geht die Kirche schon
       erfreuliche Schritte.
       
       Welche? 
       
       In Regensburg beispielsweise gibt es mit Gabriele Zinkl eine
       Offizialatsrätin ...
       
       ... die Chefin einer kirchlichen Behörde ... 
       
       ... das wäre vor Jahren völlig unvorstellbar gewesen. Das ist aber
       ausbaufähig.
       
       Die katholische Kirche ist vor Jahren aus der
       Schwangerschaftskonfliktberatung ausgestiegen. Was wiegt schwerer: die
       katholische Lehre oder die Nöte von Frauen? 
       
       Die Frage ist eher: Wie gehen wir um mit der Tatsache, dass es in unserer
       Gesellschaft Abtreibung gibt. In der katholischen Kirche wird das
       kontrovers diskutiert. Viele sagen: Wir können ein Nein zum ungeborenen
       Kind nicht akzeptieren. Dann gibt es aber auch katholische Laien und wir
       als katholischer Frauenbund, die das differenzierter sehen: Es sollte alles
       getan werden, damit sich Eltern, insbesondere Frauen, für ihr Kind
       entscheiden. Und wenn sie das nicht können, dann müsen wir mit Bedauern
       akzeptieren, dass sie nach einer ausführlichen Beratung nach deutschem
       Recht abtreiben dürfen.
       
       Gilt das auch für die Pille danach? 
       
       Wir vertreten die Einnahme als Notfallverhütungsmittel, die einen Eisprung
       und damit die Entstehung einer Schwangerschaft verhindern soll.
       
       Die Familienumfrage des Vatikans hat ergeben, dass sich Katholiken herzlich
       wenig um die katholische Lehre scheren. Sie haben Sex vor der Ehe, sie
       verhüten, manche leben offen schwul oder lesbisch. 
       
       Es gibt eine Diskrepanz zwischen Lehrmeinung und Lebenswirklichkeit, das
       stimmt. Auf der anderen Seite muss man aber auch feststellen, dass sich
       gerade junge Menschen nach Liebe, Treue, Geborgenheit und nach anhaltenden
       Beziehungen sehnen.
       
       Das eine muss das andere nicht ausschließen. 
       
       Im Herbst gibt es eine Familiensynode. Ich hoffe, dass lebensweltliche
       Impulse dann in die Lehre einfließen.
       
       Was raten Sie Ihren Söhnen in Liebes- und Sexdingen? 
       
       Ich sage ihnen, dass Sex kein Sport ist, sondern Ausdruck einer tiefen
       menschlichen Beziehung sein sollte. Dass man mit Frauen nicht mal eben eine
       nette Stunde haben sollte, sondern dass Frauen das Recht haben, in ihrer
       Würde anerkannt zu werden.
       
       Geschiedenen Katholiken werden die Sakramente verweigert. Das Bistum
       Freiburg, das das ändern will, wurde vom Vatikan zurückgepfiffen. Wie sagt
       Ihr Verband dazu? 
       
       Die Ehe ist ein lebenslanges Versprechen. Wir anerkennen aber die Tatsache,
       dass Paare scheitern. In dieser schweren Zeit sollten die Menschen nicht
       allein gelassen werden, Sakramente sollten für sie weiter zugelassen sein.
       Aber nicht pauschal, sondern es sollte in jedem Einzelfall geprüft werden,
       was möglich ist.
       
       Hat Sibylle Lewitscharoff Recht, wenn sie Retortenbabys ablehnt? Die
       Schriftstellerin befindet sich mit ihrer Ablehnung der Reproduktionsmedizin
       ganz auf Linie Ihrer Kirche. 
       
       Es ist Unfug, Kinder, die mit technischen Hilfen entstanden sind, zu
       verurteilen. Jeder Mensch ist von Gott geliebt und angenommen. Gleichwohl
       gibt kein Recht auf ein Kind, auch keins auf ein gesundes Kind.
       Lifestyle-Reproduktionsmedizin lehnen wir ab. Und manchmal muss man
       Situationen so akzeptieren, wie sie sind. Dazu kann auch Kinderlosigkeit
       zählen.
       
       Ist ein guter Katholik nur jemand, der jeden Sonntag in die Kirche geht? 
       
       Ich schaffe es zeitlich leider nicht jeden Sonntag in die Kirche. Das finde
       ich schade, weil ich dort Ruhe finde und sich die Wichtigkeit so mancher -
       auch politischer - Alltagsprobleme klärt.
       
       Kann man Katholik sein, wenn man aus der Kirche ausgetreten ist? 
       
       Rechtlich ist das entschieden - kann man nicht. Religiös entscheidet das
       Gott, nicht die Menschen.
       
       Papst Franziskus will eine arme Kirche. Die katholische Kirche in
       Deutschland ist reich. Wie passt das zusammen? 
       
       Man muss unterscheiden. Manche Bistümer im Westen sind reich. Im Osten
       dagegen, wo der Katholizismus keine Tradition hat, drehen die Kirchen jeden
       Cent um und finanzieren damit zahlreiche Sozialprojekte vor Ort.
       
       13 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schmollack
       
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