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       # taz.de -- Paralympionikin Anna Schaffelhuber: Monoski und Marketing
       
       > Die Alpin-Ski-Fahrerin Anna Schaffelhuber ist das deutsche Gesicht der
       > Spiele von Sotschi. Sie steht für eine Professionalisierung im
       > Behindertensport.
       
   IMG Bild: Golden Girl: Anna Schaffelhuber bei der Siegerehrung im Super G
       
       SOTSCHI taz | Wenn sich Anna Schaffelhuber abends im Deutschen Haus in
       Krasnaja Poljana in Ruhe mit Journalisten unterhält, dann fällt auf, was
       nicht auffällt: ihre Behinderung. Schaffelhuber redet über Leistungsdruck
       und Stürze ihrer Konkurrenz, über Dopingkontrollen und ihr Jura-Studium.
       Dass sie querschnittsgelähmt zur Welt kam? Wird in der Runde erwähnt, aber
       nicht vertieft. „Ich kann mich auf meine Ziele konzentrieren“, sagt sie.
       „Das ist unbezahlbar.“
       
       Die Paralympier mussten lange mediales Mitleid erdulden, sie wurden in den
       Gesundheitsmagazinen vorgestellt. Seit einigen Jahren ist das anders. Nun
       stehen sie im medialen Wettstreit mit anderen Disziplinen, bekannt als
       Randsportarten. Ihre große Stunde schlägt alle vier Jahre.
       
       Und wie die Paralympics in Sotschi auch weitergehen mögen, eines steht
       fest: Die Monoskifahrerin Anna Schaffelhuber, 21, geboren in Regensburg,
       verkörpert die Zukunft der deutschen Paralympier wie nur wenige. [1][Sie
       gewann zweimal Gold], in der Abfahrt und im Super-G. Am Mittwoch wurde sie
       im Slalom nach dem ersten Lauf vorläufig disqualifiziert, wegen eines
       Fehlers beim Start.
       
       Am Donnerstag hob eine Jury die Slalom-Disqualifikation auf – und so kam
       das dritte Gold am grünen Tisch zustande. Sie nimmt bis Sonntag an zwei
       weiteren Wettbewerben teil: Am Freitag in der Super-Kombination und am
       Sonntag im Riesenslalom.
       
       Schaffelhubers Geschichte ist die einer Aufsteigerin: Sie erkannte ihr
       Talent früh, war fleißig und zielstrebig. Als eine Art Auszubildende durfte
       sie mit nach Vancouver zu den Spielen 2010, im Alter von 17 Jahren. Sie
       gewann Bronze, ihr Name stand für ein goldenes Versprechen, das Anna
       Schaffelhuber nun einzulösen scheint.
       
       ## Botschafterin für München
       
       Sie ist Weltmeisterin geworden, hat Weltcuprennen in Serie gewonnen. Sie
       wurde mehrfach von den Verbänden geehrt, durfte als Botschafterin für die
       Stadt München werben, während der Bewerbungsphase für die Olympischen und
       Paralympischen Winterspiele 2018. Für ihr Alter ist das eine beachtliche
       Zwischenbilanz, doch sie weiß, dass sie ohne Gold nicht in die Medien
       gelangt wäre. Anna Schaffelhuber, so berichten Trainer und Funktionäre,
       wirkte ernst, fast streng, bevor es in Sotschi losging. Dann stürzte sie
       sich den Hang hinunter mit mehr als hundert Stundenkilometern.
       
       „Nach der ersten Goldmedaille fiel der Druck ab“, sagt sie. „Nun ist alles
       eine Zugabe.“ Sie ist 21, sie hat noch viel Zeit. „Sie ist eine
       Werbeträgerin, die den Verband auch an der Basis stärkt“, sagt Friedhelm
       Julius Beucher, der Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes. In
       den Wintersportarten sind die Nachwuchssorgen des DBS deutlicher zu spüren
       als im Sommer. „Uns fehlt ein flächendeckendes Nachwuchssichtungssystem.“
       Wenn es ein Talent in die Sportschulen schafft, dann sei das oft Zufall.
       
       Der DBS möchte dem Zufall auf die Sprünge helfen, und er hat gute
       Argumente. Laut einer Studie des Forschungsinstituts „Sport und Markt“
       sehen 76 Prozent der Befragten die Paralympier als Vorbilder. Diese
       Zustimmung spiegelt sich nicht im Sponsorenpool des DBS wider, die Kassen
       sind klamm.
       
       ## In London brachen neue Zeiten an
       
       Die Sommer-Paralympics 2012 könnten einen Umschwung herbeigeführt haben.
       Für manche Paralympier fühlte es sich ziemlich olympisch an, der
       Leichtathlet Heinrich Popow kam dem Etikett des Stars am nächsten. Er geht
       im Internet auf seine Fans zu, hat eine Agentur für eine
       Öffentlichkeitsarbeit beauftragt.
       
       Die Winterspiele sind kleiner als die Sommerspiele, zudem sind dem DBS nach
       den Paralympics in Vancouver drei Leitfiguren abhandengekommen: die
       Medaillensammler Verena Bentele, Gerd Schönfelder und Martin Braxenthaler,
       der seine Erfahrungen als Trainer an Schaffelhuber weitergibt. Die Athletin
       hat drei Sponsoren, sie hofft, dass es nun mehr werden.
       
       Auch sie hat eine Agentur für ihre PR beauftragt. Vor Wochen war sie im
       „Aktuellen Sportstudio“ zu Gast. Dabei hat ihre Karriere noch gar nicht
       richtig angefangen.
       
       14 Mar 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.sochi2014.com/en/paralympic/athlete-anna-schaffelhuber
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ronny Blaschke
       
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