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       # taz.de -- Protest in US-Abschiebegefängnis: Hungern gegen die Ausbeutung
       
       > In einem privaten Abschiebegefängnis in den USA müssen Papierlose
       > Zwangsarbeit leisten. Hunderte sind nun in den Hungerstreik getreten.
       
   IMG Bild: Gescheitert: Demonstration für die Einwanderungsreform in den USA.
       
       WASHINGTON taz | Hunderte – nach Informationen von AnwältInnen mehr als
       1.200 – Gefangene im Abschiebegefängnis in Tacoma an der nordwestlichen
       Pazifikküste der USA befinden sich seit Freitag in einem Hungerstreik. Sie
       verlangen besseres Essen, eine menschenwürdige Behandlung, mehr Lohn als
       den gegenwärtigen einen Dollar pro Tag für ihre Zwangsarbeit sowie ein
       sofortiges Ende der Abschiebungen.
       
       Nach Informationen von AnwältInnen droht die Gefängnisverwaltung den
       Hungerstreikenden mit Zwangsernährung. Die Einwanderungs- und Zollbehörde
       ICE erklärt, dass dergleichen nur nach behördlicher Prüfung und
       richterlichem Beschluss geschehen kann. Aus dem Inneren des privaten North
       West Detention Center dringen überhaupt keine Informationen an die
       Öffentlichkeit. Der Betreiberkonzern GEO hat den Komplex für 1.300
       Gefangene völlig von der Außenwelt abgeriegelt.
       
       Der Hungerstreik im Bundesstaat Washington begann, während vor den Toren
       des Gefängnisses AktivistInnen für eine Einwanderungsreform mit dem Slogan
       „Not one more Deportation“ demonstrierten. Bereits in den zurückliegenden
       Wochen haben in Abschiebegefängnissen in Arizona, Illinois, Kalifornien und
       Virginia Proteste stattgefunden. In der vergangenen Woche ketteten sich in
       der US-Hauptstadt mehrere Dutzend UnterstützerInnen an das Gitter vor dem
       Weißen Haus. 32 von ihnen wurden festgenommen.
       
       Eine von ihnen ist Hermina Gallego, deren Fall stellvertretend für
       Millionen EinwanderInnen in den USA steht. Ihr Mann sitzt in einem
       Abschiebegefängnis in Texas, ihre Tochter in einem Abschiebegefängnis in
       Arizona. 2012, als die USA mehr Menschen als je zuvor außer Landes gebracht
       haben, waren auch 200.000 Eltern von US-Bürgern unter den Abgeschobenen.
       
       Im vergangenen Jahr, als in Washington DC Abgeordnete beider Parteien einen
       Gesetzesvorschlag zu einer Immigrationsreform vorlegten, ging die Zahl der
       Abschiebungen leicht zurück – aber es waren noch immer 368.600. Auch in
       diesem Jahr schiebt die Regierung von Barack Obama täglich rund 1.000
       Menschen ab. Die Immigrationsreform ist bis auf Weiteres am Widerstand der
       republikanischen Mehrheit im Repräsentantenhaus gescheitert.
       
       ## 20 „Anführer“ in Isolationshaft
       
       Der Konzern GEO Group, Inc., der nach eigenen Angaben weltweit 98 private
       Gefängnisse mit insgesamt 77.000 Insassen betreibt und der größte private
       Gefängnisbetreiber der Welt ist, schickte im vergangenen Jahr LobbyistInnen
       in den Kongress, um die Schließung von Abschiebezentren zu verhindern. 2013
       hatte GEO laut Konzernchef George Zoley Einnahmen von 1,52 Milliarden
       Dollar.
       
       In Tacoma, im Bundesstaat Washington, erklärte Anwältin Sandy Restrepo am
       Montag, dass mindestens drei Hungerstreikende mit Zwangsernährung bedroht
       worden seien. 20 Hungerstreikende, die als „leader“ gelten, sind in eine
       Isolationszelle gesperrt worden.
       
       Nachdem die Immigrationsreform – die rund 11 Millionen Papierlosen in den
       USA eine legale Existenz schaffen sollte – im Kongress gescheitert ist,
       hoffen die AktivistInnen jetzt auf eine Entscheidung des Präsidenten im
       Alleingang. „Es ist ironisch“, sagt Maru Mara-Villalpando von Latino
       Advocacy, „dass Leute wegen Arbeit ohne Sozialversicherung abgeschoben
       werden und dass ein privater Konzern sie im Abschiebegefängnis legal für
       einen Dollar ausbeuten darf.“
       
       11 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dorothea Hahn
       
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