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       # taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Ende der Mad-Men-Redaktionskultur
       
       > Die „Abendzeitung“ ist insolvent, Gaede hat noch Eier und ausgerechnet
       > die Chefredakteurin der „Brigitte“ spricht am Frauentag im Hamburger
       > Rathaus.
       
   IMG Bild: Der hat noch Eier: Nicht-Grottenolm Peter-Matthias Gaede.
       
       Hallo, taz-Medienredaktion!
       
       Klaus Brinkbäumer, [1][einer derer beim] [2][Spiegel], die sehr hübsch
       schreiben können und der deshalb als stellvertretender Chefredakteur wie
       eine Perle, die keiner in eine Brosche einarbeitet, nicht glänzen kann, hat
       aufgeschrieben, warum die Münchner Abendzeitung Insolvenz anmelden musste:
       Gratis-Kultur, Knebelverträge mit Dienstleistern, Personalabbau – das
       Übliche.
       
       Wer wissen will, warum neben so vielen anderen Zeitungen nun auch noch die
       AZ nicht mehr genügend Leser findet, braucht nur den ersten Absatz lesen.
       Er beschreibt eine Zeit, in der Charaktere in den Redaktionen den Ton
       angaben und die Erfüllungsgehilfen zum Erfüllen da waren – nicht dazu, den
       Ton anzugeben oder den Charakter des Mediums zu bestimmen. Der Absatz
       beginnt mit einem Schlüsselwurf des Ressortleiters und endet mit der
       Zurechtweisung von Uli Hoeneß. Zugegeben, es ist eine Mad-Men-Ausgabe von
       Redaktionsalltag. Aber warum ist die Fernsehserie „Mad Men“ so erfolgreich?
       Doch nicht, weil man angepassten, überausgebildeten Luschen ohne Eier in
       der Hose bei der Arbeit zuguckt.
       
       Einer der letzten Eier-Vertreter, den Gruner + Jahr sich noch geleistet
       hat, ist unter der Fürsorge des Konzerns bestens gealtert und hat nun ein
       Stadium erreicht, in dem er sich neu orientieren soll. Bevor Peter-Matthias
       Gaede zu „Opa Geo“ wird, verabschiedet er sich mit dann 63 Jahren und nach
       31 Dienstjahren im Sommer von Gruners grüner Marke. Und so sehr das einigen
       gefallen wird, so sehr muss man beachten, was da passiert: Wahrscheinlich
       wird es bald keinen Journalisten mehr geben, der in einem Medienkonzern so
       ein biblisches Alter erreicht.
       
       Warum der Fortgang eines solchen Mannes, nicht nur im Zusammenhang mit
       einer Mad-Men-Redaktionskultur von Weib, Wein und Gesang, ein Verlust ist,
       [3][zeigt das Interview], das der Branchendienst Meedia vergangene Woche
       mit Gaede veröffentlichte. Darin sagt er, befragt zu seiner
       Selbstwahrnehmung, er sei kein „Grottenolm“. GROTTENOLM! Das muss ein Mann
       erst mal zur Verfügung haben! Wo, so frage ich, Medienredaktion, sind in
       dieser sich so schnell wandelnden Zeit die Männer, die noch den Grottenolm
       kennen!? Die Kondensmilch? Die Herrenschokolade? Der journalistische
       Nachwuchs kennt Urban Gardening und Fisting. Aber einen Grottenolm?! Für so
       ein Wort muss heute selbst ein Geo-Redakteur ganz schön weit reisen.
       
       Gar nicht weit reisen, sondern nur zwei Stationen mit der U-Bahn musste die
       Chefredakteurin der Brigitte, Brigitte Huber, vergangene Woche fahren.
       Ausgerechnet sie war eingeladen, beim Senatsempfang der Stadt Hamburg
       anlässlich des Frauentages zu sprechen. Ja, da geben Frauen alle vierzehn
       Tage 2,80 Euro aus, um zwischen einer bunten Welt aus
       Work-Life-Balance-Anleitungen, Rezepten und Schlanksein hin- und
       hergeschleudert zu werden und zu versuchen, irgendwie so toll zu sein, wie
       die Frauen in der Brigitte es sind, wohl weil sie alle die richtigen
       Produkte kaufen, vor allem aber nix mit Politik am Hut haben – und die
       Heftmacherin spricht im Rathaus. Ist eigentlich ganz naheliegend für so
       einen Senatsempfang. Warum auf Wahrhaftigkeit setzen, wenn man der
       Lügen-Wirtschaft eine Plattform geben kann?
       
       Auch eine Plattform hat die Hamburger Sparkassenwirtschaft mit ihrem Haspa
       Magazin. Als „Top Thema“ wird dort Folgendes angeboten: „Staat unterstützt
       Teppichschoner“. Da bleibt nur noch die Frage, wer den Artikel zu der
       schönen Headline schreibt. Ich weiß es: Bernd Hausherr. Zufrieden über so
       viel Ein- und Wohlklang zurück nach Berlin!
       
       12 Mar 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.spiegel.de/suche/index.html?suchbegriff=Brinkb%E4umer
   DIR [2] http://www.spiegel.de/suche/index.html?suchbegriff=Brinkb%E4umer
   DIR [3] http://meedia.de/2014/03/06/geo-chef-gaede-ueber-36-jahre-als-journalist-nicht-edelfisch-nicht-grottenolm/
       
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