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       # taz.de -- Nato und Ukraine-Krise: US-Jets über dem Baltikum
       
       > Manöver von US- und polnischen Streitkräften sollen Ängste vor Moskau
       > lindern. Die Nato entsendet Awacs-Aufklärer nach Polen und Rumänien.
       
   IMG Bild: Ein Awacs-Flugzeug der Nato.
       
       GENF taz | Die Nato hat wegen der Krise in der Ukraine
       Awacs-Aufklärungsflüge über Polen und Rumänien angekündigt. Die
       Nato-Botschafter hätten solchen Einsätzen am Montag zugestimmt, sagte ein
       Sprecher des Militärbündnisses in Brüssel. Die beiden Nato-Mitglieder Polen
       und Rumänien grenzen an die Ukraine. Die USA verstärken angesichts des
       eskalierenden Krimkonflikts mit Russland ihre militärische Präsenz in den
       benachbarten osteuropäischen Nato-Mitgliedsstaaten. Das
       Verteidigungsministerium in Warschau teilte am Sonntag mit, die
       US-Luftwaffe verlege zumindest vorübergehend zwölf F-16-Kampfjets nach
       Polen.
       
       Zudem sollen in das 1999 der Nato beigetretene Land, das im Osten an die
       Ukraine sowie an das mit Russland verbündete Weißrussland grenzt, bis
       Donnerstag 300 US-Soldaten für eine gemeinsame Militärübung mit Polen
       verlegt werden. Das Manöver sei schon länger geplant gewesen, so
       Ministeriumssprecher Jacek Sonta. Angesichts der „angespannten politischen
       Situation“ in der Ukraine hätten Warschau und Washington nun aber
       vereinbart, die Übung auszuweiten und vorzuziehen.
       
       Bereits letzten Donnerstag hatten die USA sechs zusätzliche F-15-Kampfjets
       ins benachbarte Litauen verlegt. Dessen Verteidigungsminister Juozas Olekas
       sagte, die Flugzeuge seien die Antwort auf die „russische Aggression in der
       Ukraine und eine erhöhte militärische Aktivität in Kaliningrad“, der
       zwischen Litauen und Polen gelegenen russischen Exklave.
       
       Nato-Kampfflugzeuge patrouillieren routinemäßig über den drei baltischen
       Staaten Estland, Lettland und Litauen, die der westlichen Militärallianz
       angehören, aber selbst über keine schlagkräftige Luftwaffe verfügen. Die
       Verantwortung für den Einsatz wechselt alle vier Monate zwischen den
       Verbündeten; seit Januar fliegen bereits vier US-Kampfjets vom Typ F-15
       über dem Baltikum. Polen selbst hat 48 F-16-Kampfflugzeuge.
       
       In Brüssel bezeichnete Nato-Generalsekretär Andres Fogh Rasmussen die
       Verlegung zusätzlicher US-Streitkräfte in räumliche Nähe Russlands und der
       Ukraine als „Beweis für die Geschlossenheit der Allianz“. Zudem kündigte er
       die „Ausweitung der Zusammenarbeit mit der politischen und militärischen
       Führung der Ukraine“ an.
       
       ## Historisch bedingte Ängste
       
       Zwar befürchtet bislang weder Washington noch die Nato in Brüssel
       ernsthafte militärische Drohungen Russlands an Polen oder die drei
       baltischen EU-Staaten oder gar Übergriffe. Aber in diesen Ländern bestehen
       entsprechende historisch bedingte Ängste. Die Verlegung von
       US-Streitkräften soll zur Beruhigung dieser Ängste dienen. Russlands
       Präsident Wladimir Putin hatte die Befürchtungen in Polen letzte Woche
       verstärkt, als er auf einer Pressekonferenz behauptete, die Scharfschützen
       vom Maidan in Kiew seien „in Polen trainiert worden“.
       
       Der Anspruch des russischen Präsidenten, die Rechte russischer Minderheiten
       in anderen Ländern notfalls auch mit militärischen Mitteln zu verteidigen,
       hatte in Litauen und Estland Besorgnis ausgelöst. In beiden Staaten lebt
       eine russischstämmige Minderheit von 27 bzw. 25 Prozent, die – wie der
       Europarat festgestellt hat – zumindest mit Blick auf die Benutzung ihrer
       Sprache diskriminiert werden.
       
       Ängste vor Moskau – ob berechtigt oder nicht – waren der Grund, warum
       Polen, Ungarn, die baltischen Staaten sowie die einflussreichen Exillobbys
       dieser Länder in den USA nach dem Fall der Berliner Mauer 1989 in die Nato
       drängten. Die Regierungen der Mitgliedsstaaten folgten diesem Ansinnen.
       Damit wurde die noch im November 1990 auf dem Pariser Gipfel der Konferenz
       für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE, heute OSZE) von 54
       Staats- und Regierungschef feierlich bekundete Absicht, diese
       gesamteuropäische Institution zum „Herzstück der europäischen Architektur“
       (Bundeskanzler Helmut Kohl) auszubauen, Makulatur.
       
       Statt des auch vom letzten sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow
       gewollten „Gemeinsamen Hauses Europa“ mit Russland als Mitglied folgte auf
       das Ende des Kalten Krieges die Ausdehnung der Nato nach Osten.
       
       10 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Zumach
       
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