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       # taz.de -- Kolumne Wutbürgerin: Psst! Lust braucht Stille
       
       > Alle sagen, dass man doch bitte über Sexualität sprechen soll. Ich sage:
       > Einfach mal die Klappe halten führt zu besseren Ergebnissen.
       
   IMG Bild: Bitte keine Texte! Danke ...
       
       Wollte mich der Mann an meiner Seite aus dem Haus treiben, müsste er mir
       nur mit dem Satz kommen, „wir müssen über unsere Beziehung reden“. Wer sich
       darauf einlässt, hat schon verloren.
       
       Denn durch solche Gespräche werden Probleme produziert, die es vorher nicht
       gab. Tapfere Teilnehmer dieser Veranstaltung, bei der ganz offen über alles
       geredet wird, nennen das Beziehungsarbeit. In der Mehrzahl der Fälle, so
       jedenfalls meine Erfahrung, enden die offenherzigen Beziehungsarbeiter als
       Singles.
       
       Genauso kontraproduktiv ist die Forderung, wir müssten unbedingt lernen,
       ohne jegliche Scheu über unsere Lust zu sprechen. Dadurch kämen wir nämlich
       in den Sexhimmel und dort würde es ganz besonders toll, wenn wir bereit
       seien, jegliche Intimität ans Licht zu zerren. Wer sich dem verweigere, sei
       entweder verklemmt oder habe seinen Restkatholizismus nicht im Griff. Dass
       jedoch niemand weniger Sex hat als die Verbalerotiker unter uns, gehört
       eigentlich zur Allgemeinbildung.
       
       Im Privaten habe ich noch die Möglichkeit, mich diesen lustfeindlichen
       Zumutungen zu entziehen. Aber nur bedingt. Die Ansage, einfach mal die
       Klappe halten, interessiert außerhalb meiner Wohnung niemanden.
       
       Im Gegenteil, obwohl wir durch Werbung, Filme und das Internet ständig mit
       dem Thema Sexualität belästigt werden, reißt die Diskussion, wir sollten
       endlich darüber sprechen, nicht ab. Zusätzlich fordert der öffentliche
       Diskurs unbarmherzig Tabubrüche, in Wort und Bild. Die sollen nämlich das
       Tor zu Selbstbefreiung und ewiger Wollust sein.
       
       Ich wage das allerdings zu bezweifeln, wenn ich mir die diversen Umfragen
       zum Thema Lustlosigkeit in deutschen Betten anschaue. Inzwischen bin ich
       davon überzeugt, dass in niedersächsischen Dörfern mit seinen maulfaulen
       Bewohnern in puncto Sexualität mehr abgeht als Samstagnacht im Berghain in
       Berlin.
       
       9 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR ISABEL LOTT
       
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