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       # taz.de -- Politischer Aschermittwoch der CSU: Die dummen Kaiser von Brüssel
       
       > Horst Seehofer keilt gegen EU-Migranten und lobt Bayerns Sportler, Peter
       > Gauweiler ist nach 20 Jahren wieder da und Hans-Peter Friedrich kriegt
       > feuchte Augen.
       
   IMG Bild: Wohlsein! Rückkehrer Peter Gauweiler (Mitte) stößt mit seinen Parteikollegen an.
       
       PASSAU taz | Mit diesem Auftritt hatte Peter Gauweiler nicht mehr
       gerechnet. Am Aschermittwoch, das gilt seit 20 Jahren, fährt das
       CSU-Urgestein nicht nach Passau. Am Mittwoch nach Karneval fährt er Ski in
       Tirol. Seit 1995 pflegte er diese Tradition, nicht zufällig, sondern aus
       Prinzip: Auf der Skipiste kommen die Erinnerungen nicht gar so heftig hoch.
       
       „Es hat sich alles geändert seitdem“, rief er am Mittwochvormittag von der
       Bühne der Passauer Dreiländerhalle. „Nur eins nicht: Bayern bleibt das
       erfolgreichste Staatswesen des Kontinents!“ Zwei Sätze und das Publikum
       tobt, so schön kann Wahlkampf in Bayern sein.
       
       Im Hinblick auf die Europawahl hatte die CSU den erklärten Parteirebellen
       Gauweiler im Herbst zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt, deswegen
       hielt er nun zum ersten Mal seit 20 Jahren eine Aschermittwochsrede.
       Heftige Angriffe fuhr er vor allem gegen die EU-Kommission. „In Brüssel
       sitzen die nackten, dummen Kaiser beisammen“, rief er von der Bühne und
       bewies: Scharfe Worte beherrscht er noch immer.
       
       Sein bisher letzter Aschermittwochsauftritt gilt in der CSU bis heute als
       legendär. 1994 amtierte Gauweiler noch als bayerischer Umweltminister,
       wegen verschiedener Skandale war er aber stark angezählt. Da trat er auf
       der Veranstaltung seines Münchner Bezirksverbands die Flucht nach vorn an,
       schleuderte Flüche in den Saal und schwor seinen Gegnern Rache. Das
       Publikum tobte, dann verkündete Gauweiler seinen Rücktritt.
       
       ## „Wer schmarotzt, braucht gar nicht erst zu kommen.“
       
       Dem heutigen Parteichef Horst Seehofer liegen solche Bierhallenauftritte
       eigentlich nicht, aber auch er wurde in Passau deutlich. Der bayerische
       Ministerpräsident griff die Debatte um vermeintliche Armutsmigranten auf,
       die die CSU im Januar angezettelt hatte. „Freizügigkeit begreifen wir nicht
       als Zugriff auf die sozialen Sicherungssysteme“, sagte Seehofer. Für den
       Stammtisch übersetzte wenig später sein Generalsekretär Andreas Scheuer:
       „Wer schmarotzt, braucht gar nicht erst zu kommen.“ Die CSU-Spitze weiß,
       wie sie ihr Publikum bedienen muss.
       
       Aus dem ganzen Bundesland waren die rund 4.000 Zuschauer in Bussen
       angereist. Der Trachtenjanker gehört hier zum Dresscode, und zu Seehofers
       Einmarsch um 10 Uhr saßen manche Gäste schon vor ihrer zweiten Maß. Die CSU
       ist Bayern und Bayern ist die CSU, diese Botschaft wollen die
       Christsozialen mit ihrem Aschermittwoch verbreiten – dass andere Parteien
       das Veranstaltungskonzept längst übernommen haben, spielt da keine Rolle.
       „Wenn es um Bayern geht, darf es keine Parteiinteressen geben“, sagte
       Seehofer, um den Anspruch der CSU zu unterstreichen.
       
       Bescheiden geriet sein Auftritt nicht. Sechs von acht deutschen
       Goldmedaillen bei den Olympischen Spielen holten bayerische Sportler,
       jubelte Seehofer. Der FC Bayern beherrsche die Welt und die CSU knüpfe an
       die glorreichen Zeiten von Franz Josef Strauß an. Dank ihres heutigen
       Parteivorsitzenden, versteht sich: Laut Umfragen seien schließlich 76
       Prozent der Bayern zufrieden mit ihrem Ministerpräsidenten. Die Bayern
       wählen in diesem Frühjahr doppelt: im Mai das Europaparlament und schon
       Mitte März neue Gemeinderäte und Bürgermeister.
       
       ## Märtyrer Friedrich
       
       Die guten Ergebnisse aus der Bundestagswahl will die CSU dann wiederholen.
       Als Schönheitsfehler gilt aber der holprige Start in die neue
       Bundesregierung. Im Passauer Publikum saß auch Hans-Peter Friedrich, der
       seinen Ministerposten in Folge der Edathy-Affäre räumen musste.
       
       In der CSU gilt er mittlerweile als Märtyrer. „Du hast durch ein honoriges
       Verhalten politische Verantwortung übernommen“, sagte Seehofer. Jubel im
       Publikum, feuchte Augen bei Friedrich. Alles hat sich seit Peter Gauweilers
       Rücktritt also doch nicht geändert: Zumindest taugt ein Rücktritt am
       Aschermittwoch noch immer zum Triumph.
       
       5 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tobias Schulze
       
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