URI: 
       # taz.de -- Neue Vorwürfe gegen Erdogan: „Kümmern Sie sich darum“
       
       > Ein neuer angeblicher Telefonmitschnitt des türkischen Regierungschefs
       > Erdogan ist aufgetaucht. Darin möchte er einen Medienboss verurteilt
       > sehen.
       
   IMG Bild: Wollte sein Image in den Medien wohl übers Gericht aufpolieren: Tayyip Erdogan.
       
       ISTANBUL taz | Erneut ist in der Nacht von Montag auf Dienstag im Internet
       [1][ein Telefonmitschnitt aufgetaucht], der dem türkischen
       Ministerpräsidenten Tayyip Erdogan schweren politischen Schaden zufügen
       kann. Ging es in den bisherigen illegalen Veröffentlichungen angeblicher
       Telefongespräche Erdogans mit seinem Sohn Bilal um Bestechung und das
       Beiseiteschaffen Dutzender Millionen Korruptionsgelder, so geht es dieses
       Mal um einen massiven Eingriff in die Justiz.
       
       Gesprächspartner Erdogans in dem jetzt veröffentlichten Telefonmitschnitt
       ist der frühere Justizminister Sadullah Ergin. Es geht um den Medienboss
       Aydin Dogan, einen der reichsten und einflussreichsten Unternehmer des
       Landes, mit dem Erdogan in bitterer Fehde liegt.
       
       Weil das Flaggschiff der Dogan Medien Holding, die auflagenstarke
       Tageszeitung Hürriyet vor Jahren schon einmal breit über eine
       Korruptionsaffäre in den Reihen der AKP berichtet hatte, erklärte Erdogan
       dem Dogan-Konzern öffentlich den Krieg. Er warf Hürriyet unwahre
       Berichterstattung vor, rief dazu auf, die Blätter des Konzerns nicht mehr
       zu kaufen, und schickte Dogan die Steuerfahndung ins Haus. Plötzlich war
       der Konzern mit Steuerforderungen von bis zu einer Milliarde Euro
       konfrontiert, Forderungen, gegen die sich Dogan gerichtlich zur Wehr
       setzte.
       
       In dem jetzt veröffentlichten Gespräch, das Erdogan wie alle anderen zuvor
       als „empörende Fälschung“ zurückweist, beschwert er sich bei Justizminister
       Ergin, dass Dogan nicht wunschgemäß verurteilt wurde. „Kümmern Sie sich
       darum“, weist Erdogan seinen Justizminister an. Der Richter sei ein
       feindlich gesinnter Alevit gewesen, das dürfe nicht noch einmal passieren.
       Ergin verspricht, dass in der nächst höheren Instanz alles glattgehen
       werde, obwohl es auch dort Richter gebe, die nicht auf ihn hörten.
       
       Das Gespräch ist vor dem Hintergrund eines kürzlich verabschiedeten
       Gesetzes interessant, mit dem die Justiz künftig noch enger unter die
       Kontrolle der Regierung gestellt wird. Wenn die Aufnahme echt ist, macht
       sie deutlich, was viele Türken längst glauben: dass die Regierung von der
       Unabhängigkeit der Justiz entgegen ihren öffentlichen Beteuerungen noch nie
       viel gehalten hat.
       
       ## Angst um die Kommunalwahlen
       
       Die Glaubwürdigkeit Erdogans erleidet damit wenige Wochen vor wichtigen
       Kommunalwahlen am 30. März erneut schweren Schaden. Obwohl er kürzlich erst
       ein Gesetz zur stärkeren Kontrolle des Internets hat verabschieden lassen,
       gelingt es den Behörden nicht, immer neue Enthüllungen über ihn und seine
       Regierung im Internet zu verhindern.
       
       Erst letzte Woche hat der Nationale Sicherheitsrat beschlossen, die
       „illegalen Telefonmitschnitte“ seien eine Bedrohung der inneren Sicherheit.
       Seitdem wartet das Land auf Verhaftungen in den Reihen der islamischen
       Gülen-Gemeinde, die Erdogan für die Kampagne gegen ihn verantwortlich
       macht.
       
       Doch schon jetzt hat die Korruptionsaffäre verheerende Folgen für Erdogan
       und seine AKP-Regierung. Gelang es dem Premier bei den Parlamentswahlen
       2011 noch nahezu 50 Prozent der Wähler für sich zu gewinnen, liegt die AKP
       in meisten Umfragen jetzt unter 40 Prozent.
       
       Parlamentssprecher Cemil Cicek, eine der wichtigsten Figuren der AKP neben
       Erdogan, senkte die Erwartung seiner Partei denn auch schon deutlich nach
       unten. 38 Prozent, wie bei den Kommunalwahlen 2009, wären ein schöner
       Erfolg, meint er nun. Bereits jetzt wird über eine Spaltung der AKP
       spekuliert, sollte die Partei bei Wahlen, die längst den Charakter eines
       Referendums über Erdogan haben, weniger als 35 Prozent bekommen.
       
       5 Mar 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.youtube.com/watch?v=gchNQ02h4Ik
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jürgen Gottschlich
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Türkei
   DIR Schwerpunkt AKP
   DIR Recep Tayyip Erdoğan
   DIR Schwerpunkt Korruption
   DIR Schwerpunkt Türkei
   DIR Schwerpunkt Türkei
   DIR Schwerpunkt Türkei
   DIR Recep Tayyip Erdoğan
   DIR Schwerpunkt Korruption
   DIR Recep Tayyip Erdoğan
   DIR Schwerpunkt Türkei
   DIR Schwerpunkt Türkei
   DIR Schwerpunkt Türkei
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Abgehörte Telefonate in der Türkei: Erdogan erstattet Strafanzeige
       
       Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Oppositionschef Kilicdaroglu, weil
       er abgehörte Telefonate veröffentlicht hat. Geklärt werden soll auch, ob
       die Gespräche echt sind.
       
   DIR Korruption in der türkischen Regierung: Schmiergelder in Millionenhöhe
       
       Telefonisch beklagt sich der Ex-Wirtschaftsminister der Türkei über
       ausbleibende Schmiergelder. Premier Erdogan spricht von einem
       „Attentatsversuch“ der Justiz.
       
   DIR Korruption in der Türkei: Erdogan will Facebook schließen
       
       Im Internet werden kompromittierende Telefonate des Premiers
       veröffentlicht. Nun will er gegen die entsprechenden Plattformen vorgehen.
       
   DIR Gesprächsmitschnitte auf YouTube: Erdogan gibt Telefonate zu
       
       Erdogan hat die Echtheit von zwei der veröffentlichten Telefonate
       bestätigt. Im Fall einer Niederlage bei den Kommunalwahlen will er
       zurücktreten.
       
   DIR Machtkampf in der Türkei: Gülen-Schulen sollen schließen
       
       Die Parlamentsdebatte wurde teilweise mit Fäusten geführt. Nun sollen in
       der Türkei rund 4.000 Schulen des Erdogan-Rivalen Fethullah Gülen
       dichtgemacht werden.
       
   DIR Machtkampf in der Türkei: Die Hybris von Erdogan
       
       Gebeutelt von Korruption und Abhörskandal: Die Kommunalwahlen Ende März
       drohen zu einem Referendum über den Regierungschef zu werden.
       
   DIR Politische Krise in der Türkei: „Die Mutter aller Nachrichtenbomben“
       
       Der Mitschnitts eines Telefonats zwischen Erdogan und seinem Sohn ist ein
       Geschenk für die Opposition. Es befeuert den Wahlkampf.
       
   DIR Netz-Reaktionen auf Erdogan: „Ich hätte ihn erdrosseln lassen“
       
       Trotz der Zensurbemühungen macht der mutmaßliche Mitschnitt zwischen
       Erdogan und seinem Sohn die Runde. Und amüsiert die türkische Community.
       
   DIR Telefonat zwischen Erdogan und Sohn: „Bring alles weg“
       
       Ein angeblicher Mitschnitt eines Telefongesprächs zwischen dem türkischen
       Ministerpräsidenten Erdogan und seinem Sohn ist bei Youtube aufgetaucht. Es
       geht um Geld.