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       # taz.de -- Kommentar Militär in Israel: Frieden schaffen ohne Waffen
       
       > Die Orthodoxen sind keine Pazifisten, ihnen ist nur der Talmud wichtiger
       > als die Wehrpflicht. Ein Gesetz dazu wird es nicht ohne die Rabbis geben.
       
   IMG Bild: Demonstrieren, um nicht schießen zu müssen: orthodoxe Juden in Jerusalem.
       
       Der blanke Neid muss jeden Sozialprotestler packen, wenn er sieht, wie es
       Israels ultraorthodoxem Sektor gelingt, innerhalb von Tagen eine halbe
       Million Demonstranten auf die Straße zu bringen. Die Massenkundgebungen der
       Herren mit den schwarzen Hüten sind stets aufs Neue beeindruckend.
       
       Wenn der Rabbi ruft, stehen seine Anhänger stramm. Da soll niemand glauben,
       er könne Gesetze machen, die die frommen Gelehrten nicht absegnen. Viel zu
       groß und mächtig ist die Gruppe, die die Thora höher wertschätzt als das
       Gesetzbuch und für die das Wort des Rabbiners schwerer wiegt als das eines
       Richters.
       
       Diese Strengreligiösen sind keine Pazifisten. Sie weigern sich nicht, eine
       Waffe zu tragen, sondern wollen in den Talmudschulen bleiben und sich
       weiter ungestört dem Studium der heiligen Texte widmen. Die Rechtsreform
       überlässt es den frommen Rekruten, ihren Dienstantritt auf Jahre
       hinauszuschieben, um einen Beruf zu erlernen oder zu arbeiten.
       
       Diese Regelung ist doppelt unsinnig. Sie benachteiligt die weltlichen
       Rekruten, die allesamt im Alter von 18 Jahren eingezogen werden. Und sie
       gibt den Strengreligiösen einen Vorteil, den sie nie verlangt haben. In
       zwei Wochen soll die Knesset über ein Gesetz entscheiden, das Israels
       Zukunft mitprägen wird. Ausgerechnet jetzt sind Dilettanten am Werk.
       
       Zum ersten Mal seit 30 Jahren regiert in Jerusalem eine Koalition ohne
       ultraorthodoxe Beteiligung. Damit besteht eine Chance für Gesetze, die
       fromme und weltliche BürgerInnen auf dieselbe Stufe stellen.
       
       Trotzdem müssen die Ultraorthodoxen, auch wenn sie derzeit keine Minister
       stellen, bei den Reformüberlegungen nicht außen vor bleiben. Sich mit denen
       zu beraten, um die es in erster Linie geht, verlangt schon der gute Ton.
       Die kleinste Annäherung an die Rabbiner wäre schon ein Erfolg.
       
       3 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Knaul
       
       ## TAGS
       
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