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       # taz.de -- Kolumne Wutbürger: Nicht ohne meine Handtasche
       
       > Der öffentliche Raum ist wieder einmal überfüllt – der vielen
       > Rucksackträger wegen. Im Alltag hilft da oft nur noch Notwehr.
       
   IMG Bild: Der Bildbeweis: Wieder alles voller Rucksäcke.
       
       Mir geht es wie den Schweizern: Ich fühle mich im Dichtestress. Schuld
       daran sind nicht die Zuwanderer, sondern die gemeinen Rucksackträger. Auf
       die treffe ich überall, wo es voll und eng ist. Und je kleiner ihre
       Smartphones und Tabloids werden, desto größer ihr Gepäck, das sie wie
       Nomaden durch die Stadt tragen.
       
       Bei Rucksackträgern handelt es sich vorwiegend um lässige, junge oder jung
       gebliebene Leute, die es mit der körperlichen Unversehrtheit ihrer
       Mitbürger nicht so eng sehen. Deshalb gibt es für sie auch keinen Grund,
       das Teil im Gedränge abzunehmen. Im Gegenteil, sie sind jederzeit bereit,
       mir ihren schweren Rucksack ins Gesicht zu drücken.
       
       Nach meiner Beobachtung haben die wenigsten ein Gefühl für das Gepäck auf
       ihrem Rücken. Sie drehen und wenden sich, ohne darauf zu achten, ob jemand
       hinter ihnen steht. Wer Pech hat, bekommt einen Schlag in die Seite. Gut:
       Wenn die Bahn voll ist, fällt wenigstens niemand um. Doch neben alten
       Leuten, die nicht schnell genug ausweichen können, gehören Kinder, deren
       Köpfe sich auf Rucksackhöhe befinden, zur größten Opfergruppe.
       
       Kürzlich durfte ich beobachten, wie ein junger Mann mit seinem Rucksack
       gegen ein Kind knallte und lapidar meinte, das Kind müsse einfach besser
       aufpassen. Aber manche Eltern sind auch nicht besser. Sie fahren mit
       riesigem Rucksack Rad und schnüren dem hinter ihnen sitzenden Nachwuchs die
       Luft ab. Ein Vater, den ich darauf aufmerksam machte, versicherte mir
       ernsthaft, dass der Junge das gewohnt sei.
       
       Auf verbale Seitenhiebe dagegen reagieren die meisten ganz sensibel. Der
       Letzte, den ich nach einer Attacke fragte, ob es noch rücksichtloser geht,
       maulte mich an: „Stress hier nicht so rum, mach dich mal locker!“
       
       Das habe ich dann wörtlich genommen und meinen Stress abgebaut, indem ich
       ihm aus Versehen meine Handtasche in die Nieren rammte. Seit Margret
       Thatcher heißt das „handbagging“.
       
       2 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR ISABEL LOTT
       
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