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       # taz.de -- Staatsbesuch in Deutschland: Xi will Holocaust instrumentalisieren
       
       > Chinas Präsident Xi Jinping will bei seinem Staatsbesuch Ende März in
       > Berlin das Holocaustmahnmal besichtigen – um Japan bloßzustellen.
       
   IMG Bild: „Und da hinten ist das Holocaust-Mahnmal!“ Kanzlerin Merkel und der damalige Vizepräsident Xi in Berlin, Oktober 2009.
       
       PEKING taz | Über Japans Verbrechen während des Zweiten Weltkriegs sind die
       meisten Chinesen gut informiert. So ziemlich jeder weiß vom Massaker von
       Nanjing, bei dem japanische Soldaten 1937 sechs Wochen lang Chinas damalige
       Hauptstadt belagerten und 140.000 bis 300.000 Personen umbrachten. Die
       Gräueltaten der Nazis hingegen sind den meisten Chinesen weitgehend
       unbekannt.
       
       Doch seit einigen Wochen werden auch die Verbrechen der Deutschen in den
       chinesischen Staatsmedien vermehrt aufgegriffen. Ihnen geht es allerdings
       nicht so sehr um die deutsche Geschichte. Vielmehr haben sie in dem Thema
       ein Instrument gefunden, Japan bloßzustellen. Nun beteiligt sich offenbar
       auch Chinas Staatspräsident Xi Jinping an dieser Kampagne.
       
       Wie aus Diplomatenkreisen zu hören ist, will Xi bei seinem Besuch Ende März
       in Berlin auch das Holocaustmahnmal besuchen. China wolle bei dem
       Deutschlandbesuch den Zweiten Weltkrieg in den Mittelpunkt stellen, heißt
       es. Das Auswärtige Amt in Berlin bestätigt diese Information nicht.
       
       „Deutschland freut sich sehr auf den Besuch von Xi Jinping“, sagt ein
       Sprecher. Zu Einzelheiten könne aber noch nichts gesagt werden.
       
       ## Aktueller Inselstreit zwischen Peking ud Tokio
       
       China und Japan liefern sich seit Jahren heftige Auseinandersetzungen um
       eine unbewohnte Inselgruppe im Ostchinesischen Meer. Beide Länder
       beanspruchen die Inseln für sich.
       
       Der Streit erreichte im Dezember einen neuen Höhepunkt, als Japans
       Premierminister Shinzo Abe in Tokio vor dem Yasukuni-Kriegsschrein kniete,
       in dem auch verurteilter Kriegsverbrecher gedacht wird.
       
       Chinas Staatsfernsehen strahlt seit einigen Wochen verstärkt
       Dokumentationen über die Aufarbeitungspolitik der Bundesrepublik
       Deutschland in der Nachkriegszeit aus. Kommentatoren chinesischer
       Staatszeitungen fordern Japan auf, sich an den Deutschen ein Beispiel zu
       nehmen.
       
       Zwar hat sich auch Japan in der Vergangenheit mehrfach bei seinen
       Nachbarstaaten für seine Verbrechen entschuldigt. Doch revisionistische
       Äußerungen rechtskonservativer Spitzenpolitiker lassen immer wieder Zweifel
       aufkommen, wie ernst es Japan mit seiner Reue wirklich meint.
       
       Für zusätzlichen Ärger sorgte der aktuelle Premierminister Abe nicht nur
       mit dem Schrein-Besuch Ende Dezember. Auf dem Weltwirtschaftsforum eine
       Woche später verglich er China mit Deutschland vor dem Ersten Weltkrieg.
       China und Japan befänden sich in einer „ähnlichen Situation“ wie
       Großbritannien und das Deutsche Reich 1914. Vor allem Chinas steigende
       Militärausgaben seien eine große Quelle der Instabilität in der Region.
       
       Der Hamburger Sinologe Kai Vogelsang, der zur chinesischen
       Geschichtsschreibung forscht, hält die Vergleiche beider Seiten für
       unangemessen.
       
       ## Experte: "Vereinfachung hochkomplexer Situationen"
       
       „Der politisch sorgfältig geplante und industriell durchgeführte Genozid im
       Dritten Reich ist sicher nicht dasselbe wie die Gräueltaten einer wild
       gewordenen japanischen Armee“, sagt Vogelsang.
       
       Den Vergleich Chinas mit Deutschland vor 1914 wiederum bezeichnete er als
       „Vereinfachung zweier hochkomplexer Situationen, an denen in beiden Fällen
       weitaus mehr Staaten beteiligt waren“.
       
       Was den Sinologen vor allem stört: die Art und Weise, wie Xi und Abe die
       Rolle des jeweils eigenen Landes ausblenden. China habe die Massentötungen
       zur Mao-Zeit so wenig aufgearbeitet wie Japan seine Kriegsverbrechen.
       
       „Wenn Abe China mit dem Deutschen Reich vergleicht, blendet er dabei völlig
       aus, dass in Ostasien in den letzten Jahren nicht nur eine Großmacht
       aufgestiegen ist, die das regionale Machtgefüge verändert, sondern eine
       zweite: Japan.“
       
       26 Feb 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Felix Lee
       
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