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       # taz.de -- Die Wahrheit: Los Sarrazin-Wochos
       
       > Auch 2014 steigen die publizistischen Wiedergänger aus ihren Gräbern. Das
       > reaktionäre Triumvirat des Grauens schwadroniert erneut.
       
   IMG Bild: Lutschmann will unerkannt bleiben, solange er für die dunkle Seite des Verlagswesens programmiert.
       
       Na, das scheint ja wieder unterhaltsam zu werden. Offensichtlich haben sich
       die führenden Rechtspopulisten und Reaktionäre gleich zu Beginn des Jahres
       2014 um ihren Stammtisch versammelt und verabredet, es endlich mal wieder
       richtig krachen zu lassen.
       
       Rekapitulieren wir: Als erstes öffnet Hans-Olaf Henkel knarrend seinen Sarg
       und verkündet, er kandidiere auf Platz zwei der AfD-Kandidatenliste fürs
       Europaparlament, dann lässt sich Matthias Matussek gleich mehrere Artikel
       von Bushido schreiben und nun meldet sich auch noch Thilo Sarrazin
       publizistisch zurück. Mit dem kalkulierten Bestseller „Der neue
       Tugendterror. Über die Grenzen der Meinungsfreiheit in Deutschland“.
       
       Zu Henkel, der AfD und ihrem akademischen Herrenreitergestus muss man
       eigentlich nicht viel sagen. Außer dass man angesichts der eiskalten Engel
       Henkel und Lucke beginnt, Brüderle und Westerwelle – die Geschwister Teresa
       der FDP – zu vermissen.
       
       Als Beobachter von Matusseks homophobem Amoklauf wundert man sich jedoch,
       dass die katholische Kirche ihrer Sorgfaltspflicht so miserabel nachkommt.
       Eigentlich müsste sie ihn von der Schweizer Garde entführen lassen und in
       einem norditalienischen Kloster wegsperren, bis er sich beruhigt hat oder
       die Psychopharmaka wirken – schon um den treuen Papisten vor sich selbst zu
       schützen!
       
       Traurig ist das Ganze auch für die Welt: Da gibt sich Springers defizitäres
       Repräsentationsblatt seit Jahren Mühe, so zu tun, als wäre es eine richtige
       Zeitung, dann engagiert die Geschäftsleitung einen ehemaligen
       Spiegel-Kulturchef und kriegt doch nur eine dumpfprollige Krawallschachtel,
       die F. J. Wagner wie einen stilistisch filigranen, libertären Hippie
       aussehen lässt.
       
       Und nun wieder mal Thilo Sarrazin. Erinnern wir uns kurz, womit das
       SPD-Mitglied in den letzten Jahren seine Zeit verbracht hat: Er hat in
       Interviews, Vorträgen und Büchern biologistisch-rassistischen Dreck in die
       Welt geblasen, gegen Orientalen gehetzt, von einem „jüdischen Gen“
       geschwafelt, Kinder als „Kopftuchmädchen“ diffamiert, Hartz-IV-Empfänger
       öffentlich verachtet – und das alles sachlich begründet, indem er völlig
       beliebige Statistiken völlig beliebig interpretierte.
       
       Nun könnte man meinen, Sarrazin sei immerhin Überzeugungstäter und glaube
       an das, was da aus ihm herausquarkt. Mag sein, vor allem aber sind die zum
       Teil erschreckend NPD-kompatiblen Thesen sehr lukrativ. Sarrazin hat mit
       seinem rechten Schmodder mehrere Millionen verdient. Nebenbei hat er sich
       seinen Abgang bei der Bundesbank mit einer Erhöhung seiner Pension auf
       10.000 Euro pro Monat versüßen lassen. Außerdem saß er mit seinen Thesen in
       jedem Fernsehstudio Deutschlands, wurde von Bild und Spiegel vorabgedruckt
       und von allen großen Zeitungen interviewt.
       
       Und dieser Mann behauptet nun, dass in Deutschland keine Meinungsfreiheit
       herrsche, weil ein linkes Meinungskartell bestimmte Themen tabuisiere und
       Diskussionen verhindere? Finden Sie den Fehler im Bild.
       
       25 Feb 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hartmut El Kurdi
       
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