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       # taz.de -- Mietwucher bei Notunterkünften: Je enger, desto teurer
       
       > Behörde zahlte für Wohnung im abgebrannten Flüchtlingshaus in der
       > Eimsbütteler Straße 762 Euro für 44 Quadratmeter.
       
   IMG Bild: Ausgebrannt durch jugendliche Zündelei: In der Eimsbütteler Straße 75 starben drei Menschen durch Rauch und Hitze.
       
       Flüchtlinge unterzubringen, kann für Vermieter ein gutes Geschäft sein –
       vorausgesetzt es finden sich Familien, die bereit sind auf engstem Raum zu
       wohnen. Möglich machte das eine Umstellung der „Gebührenordnung für
       öffentlich veranlasste Unterbringung“ vor zehn Jahren unter dem
       Schwarz-Schill-Senat. Weil die Sozialbehörde seither nach Köpfen statt nach
       Quadratmetern bezahlt, kann es zu hohen Quadratmeterpreisen kommen.
       
       Wie eine kleine Anfrage der Fraktion der Linken in der Bürgerschaft zu der
       Flüchtlingsunterkunft Eimsbütteler Straße 73/75 ans Licht brachte, gab dort
       das Sozialamt für eine 44 Quadratmeter-Wohnung 762 Euro aus. Ein kleiner
       Teil des Betrages geht allerdings nicht an den Vermieter, sondern an
       Fördern und Wohnen (F&W), eine Anstalt öffentlichen Rechts, die sich im
       Auftrag des Senats um die Unterbringung von Flüchtlingen kümmert. In der
       Flüchtlingsunterkunft waren am 5. Februar eine Mutter und ihre beiden
       Kinder durch Brandstiftung gestorben.
       
       Die Nachfragen der Parlamentarier in Folge des Brandes ergaben, dass in dem
       Brand-Haus Nummer 75 insgesamt 46 Menschen in zehn Wohnungen untergebracht
       waren. Fünf der Wohnungen sind kleiner als 45 Quadratmeter.
       Durchschnittlich standen jedem Mieter gut zehn Quadratmeter zur Verfügung.
       
       Der hohe Betrag für die kleine Wohnung der sechsköpfigen Familie ergibt
       sich aus der Gebührenordnung für die Unterbringung. Weil es sich in der
       Eimsbütteler Straße um abgeschlossene Wohnungen handelte, bezahlte die
       Sozialbehörde 165 Euro für jeden Erwachsenen und 108 Euro für jedes
       minderjährige Kind. Die Gebühr deckt die Betreuung durch Fördern und Wohnen
       sowie die Kosten der Unterkunft, die in diesem Fall der Eigentümer der
       Unterkunft als „Full-Service-Betrieb“ anbot: Er stellte die Einrichtung mit
       Herd, Kühlschrank und Möbeln bis hin zur Bettwäsche und den Gardinen.
       Ebenfalls enthalten waren die Kosten für die Heizung, Wasser und Abwasser.
       
       ## Alte Warnungen
       
       Schon als Schwarz-Schill die Gebührensystematik zum 1. Januar 2004 änderte,
       äußerte die damalige Opposition aus SPD und Grünen Bedenken. „Die Gebühren
       sind teilweise so hoch, dass sie über den vom Sozialamt anerkannten
       maximalen Wohnkosten liegen“, warnte Antje Möller (GAL).
       
       Der Senat antwortete auf die Kritik mit dem Hinweis, er passe den
       Abrechnungsmodus für Familien in Wohnsiedlungen nur an den Modus für alle
       übrigen Gruppen an, bei denen immer schon pro Kopf und nicht nach
       Quadratmetern abgerechnet worden sei. Bei der Ermittlung der Gebühr seien
       „die Sach und Personalkosten im Zusammenhang mit der Betreuung der Bewohner
       und der Verwaltung der Unterkunft“ zu sehen, antwortete der Senat der SPD.
       
       Darauf bezog sich auch das Oberverwaltungsgericht 2006. Eine fünfköpfige
       Familie hatte geklagt, weil sich die Kosten für ihre Unterkunft durch die
       Umstellung fast verdoppelt hatten. Das Gericht urteilte, die neue Regelung
       verletzte nicht das Sozialstaatsprinzip. Zum einen bezahle die Stadt den
       größten Teil der Gebühr. Zum andern sei die Umstellung auf das
       Pro-Kopf-Prinzip gerechtfertigt, weil der größere Teil der Gebühr nicht auf
       die Raumkosten, sondern die Betreuung der Bewohner entfallen dürfte.
       
       24 Feb 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gernot Knödler
       
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