URI: 
       # taz.de -- Homohassender Vulgärdarwinist: Matussek – ein Fehler der Natur?
       
       > Er braucht dringend Nachhilfe in Biologie. Das beweisen Matusseks
       > Äußerungen, in denen er Homosexualität mit Erbkrankheiten vergleicht.
       
   IMG Bild: Auftritt mit Folgen: ein dünnhäutiger Matthias Matussek (l.) in Kurt Krömers (r.) Late Night Show.
       
       Es genügte eigentlich, die jüngsten Lebensäußerungen von Matthias Matussek
       zu beobachten, um zu wissen, was von der derzeit tobenden Debatte um
       Homosexualität zu halten ist. In der Welt bestand er darauf,
       [1][homosexuelle Liebe sei „eine defizitäre, weil sie ohne Kinder bleibt“],
       im European legte er nach, Homosexualität sei [2][“ein Fehler der Natur“],
       und auf eine [3][Kritik daran von Stefan Niggemeier] reagierte er am Montag
       mit einem derart [4][bizarren Verbalamoklauf] (“Niggi, aufgeschwemmter
       Mausepaul“) samt hochnotpeinlicher Selbstbeweihräucherung, dass man sich
       fragt, ob denn da wirklich niemand ist, der dem Mann helfen kann.
       
       Damit könnte man es bewenden lassen, wenn er nicht plötzlich eine alte
       Argumentationslinie reanimierte, die hochgefährlich ist. Um das zu
       erkennen, muss man nicht mal die sich aufdrängenden historischen Vergleiche
       bemühen. „Lebewesen müssen sich fortpflanzen, um die Art zu erhalten. In
       diesem Sinne ist Gleichgeschlechtlichkeit [sic!] ein Fehler der Natur. So
       wie es Taubheit gibt. Oder Erbkrankheiten. Ich verstehe den Skandal nicht,
       den eine solche Äußerung verursachen könnte.“ Das verwundert nicht, denn
       auch sonst scheint der Mann so einiges nicht zu verstehen. Biologie zum
       Beispiel.
       
       Es ist der alte Vulgärdarwinismus, der hier aus der Schublade gekramt wird,
       das „survival of the fittest“ für Leute, die nicht fit genug sind, diese ja
       nun auch schon wieder über 150 Jahre alte Theorie wenigstens in ihren
       Grundzügen zu durchdringen. Wenn wir schon über Sex reden, dann bleiben wir
       doch am besten bei einem Beispiel, das in Matusseks Kohorte auch immer
       gerne genommen wird: Bienen.
       
       99,9 % der Mitglieder eines Bienenvolkes kümmern sich einen Dreck um die
       eigene Fortpflanzung, überlassen das lieber der Königin und machen
       ansonsten, was Schwule im Universum von Matussek vermutlich auch immer so
       machen: ein bisschen das Haus schön halten, an Blümchen schnuppern und viel
       herumsumsen. Es geht also, kurz gesagt, beim Arterhalt mitnichten um die
       Fortpflanzung des Individuums, sondern um die genetische Fitness der ganzen
       Population.
       
       ## Abweichungen sind kein Fehler
       
       Wie es ohnehin ja gar nicht um Arterhalt geht, sondern um Artentwicklung,
       um Evolution eben. Dafür werden die Gene ständig neu kombiniert, deshalb
       gibt es etwas so Hübsches wie Sex überhaupt erst. Das Ergebnis ist
       notwendigerweise breit gestreut, damit die Art auf veränderte Bedingungen
       flexibel reagieren kann. Abweichungen von der Norm sind also kein Fehler
       der Evolution, sondern ihre Triebfeder.
       
       Dabei führt natürlich vieles ins Nichts. Dass Homosexualität eine solche
       Sackgasse darstellt, ist allerdings unwahrscheinlich. Denn wir kennen sie
       nicht nur von „irgendwelchen Pantoffeltierchen“, wie Matussek schreibt,
       sondern quer durch alle Klassen und Gattungen. Angesichts dieser
       Omnipräsenz kann man als sicher annehmen, dass homosexuelles Verhalten
       förderlich ist für die Gesundheit der Population, für das Überleben einer
       Art.
       
       Warum das im Einzelfall so ist, dafür gibt es unterschiedlichste
       Erklärungsansätze, die von Art zu Art differieren: Stabilisierung der
       Sozialstrukturen, besserer Aufzuchterfolg homosexueller Paare (ja,
       Matussek, genau so!), Unterstützung der Nachwuchs aufziehenden Eltern – und
       oft wissen wir es einfach nicht.
       
       ## Schwimmflosse in der Muschi
       
       Gerade bei höher entwickelten Spezies, vom Wal über den Makaken bis zum
       Bonobo, gilt aber wohl vor allem eines: Ihnen macht homosexueller Sex
       einfach Spaß. Ganz offensichtlich trägt es positiv zum Wohlbefinden und
       damit zur Gesundheit sowie zum Sozialgefüge bei, auch mal den
       gleichgeschlechtlichen Besucher zu penetrieren oder sich von der Nachbarin
       die Schwimmflosse in die Muschi schieben zu lassen.
       
       Vielleicht ist es ja einfach das, was Matussek fehlt. Womöglich müsste sich
       nur ein Geschlechtsgenosse erbarmen und den Mann mal ordentlich rannehmen,
       so ganz im Sinne der Natur. Ein bisschen Spannungsabbau, ein bisschen
       Vergnügen, ein bisschen Einordnung in die soziale Gruppe. Vielleicht müsste
       er dann nicht mehr derart strunzdumme Texte schreiben und dafür eine so
       faszinierende Wissenschaft wie die Biologie missbrauchen.
       
       24 Feb 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.welt.de/debatte/kommentare/article124792188/Ich-bin-wohl-homophob-Und-das-ist-auch-gut-so.html
   DIR [2] http://www.theeuropean.de/matthias-matussek/8042-homosexualitaet-als-fehler-der-natur
   DIR [3] http://www.stefan-niggemeier.de/blog/ignoring-matussek/
   DIR [4] http://www.theeuropean.de/matthias-matussek/8049-matthias-matussek-antwortet-stefan-niggemeier
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Heiko Werning
       
       ## TAGS
       
   DIR Matthias Matussek
   DIR Homophobie
   DIR Homosexualität
   DIR Die Welt
   DIR Matthias Matussek
   DIR Flüchtlinge
   DIR Italien
   DIR Matthias Matussek
   DIR 
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kolumne Liebeserklärung: Problemjournalist Matthias Matussek
       
       „Die Welt“ hat mit dem homophoben, antiislamischen Autor Matthias Matussek
       das gekriegt, was sie bestellt hatte. Trotzdem fliegt er raus.
       
   DIR Matthias Matussek gefeuert: Nicht mehr von dieser „Welt“
       
       Knatsch im Springer-Konzern: Autor Matthias Matussek muss die „Welt“-Gruppe
       verlassen. Zuvor wurde über einen Facebook-Post gestritten.
       
   DIR Die Wahrheit: Gebrauchsanweisung für Hardheim
       
       Wie Flüchtlingen Deutschland erklärt wird, illustriert schwarz auf weiß und
       recht sittsam eine Broschüre aus dem fränkischen Örtchen Hardheim.
       
   DIR Homophobe Proteste in Italien: Wer definiert eine Familie?
       
       Denkt denn niemand an die Kinder? In Rom demonstrierten Hunderttausende
       Menschen gegen mehr Rechte für Schwule und Lesben.
       
   DIR Kolumne Bestellen und Versenden: Männer der bedrohten Mitte
       
       Es gibt zwei, drei, viele Matusseks. Sie alle hält ein erhabenes
       Opfergefühl zusammen. Sie bekämpfen sexuelle Vielfalt, Individualismus und
       Hedonismus.
       
   DIR Kolumne Liebeserklärung: Matthias Matussek
       
       Wo Zirkusgäule austraben dürfen: „Die Welt“ zeigt Mitgefühl und übernimmt
       ein weiteres Problempferd.
       
   DIR Matthias Matussek nervt: "Kein Wein mehr für Tisch 43"
       
       Was sagt uns das? "Spiegel"-Autor Matthias Matussek mag den Berliner
       Promitreff Borchardt. Soll er doch. Bloß warum schreibt er darüber?
       
   DIR "Matusseks Reisen" in der Kritik: Langweiliger Alleskenner
       
       Warum Matthias Matussek als Kulturchef des "Spiegels" scheitern musste,
       wird in der TV-Sendung "Matusseks Reisen" ziemlich deutlich.
       
   DIR Matthias Matussek: Rock n Roll im Laden
       
       "Spiegel"-Kulturchef Matthias Matussek ist nicht nur an sich selbst
       gescheitert - sondern auch an seiner Redaktion.
       
   DIR "Spiegel" versus Matussek: Lacher im Weltall
       
       Kulturchef Matussek soll angeblich gehen. Droht aus dem "Spiegel" am Ende
       gar wieder ein durch und durch lesbares Blatt zu werden?