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       # taz.de -- Neues Album von Beck: Die Post-Winona-Ryder-Ära
       
       > Vorzeige-Slacker und Hobby-Scientologe Beck Hansen ist wieder da.
       > „Morning Phase“ ist ein gutes Comeback-Album geworden – mehr aber nicht.
       
   IMG Bild: Still got the Blues: Beck Hansen.
       
       Es ist sein Comeback. Nach einem Album, das nur auf Notenblättern
       existierte, und zahllosen merkwürdigen Kooperationen und den Songs anderer
       Musiker ist es jetzt also endlich erschienen: das neue Album von Beck.
       
       Wir erinnern uns: Beck, der Miterfinder des Slacker-Sounds, der Exfreund
       von Hollywood-Schauspielerin Winona Ryder und enigmatische Künstler, der
       Folk mit Rap vermischte und später den Überpop eines Prince übertreffen
       wollte; der Scientologe, Neffe des Fluxus-Künstlers Al Hansen; und der
       Musiker, dessen Schwermütigkeit auch immer wieder neben, zwischen und
       mitten in Vintage-Samples Platz hatte.
       
       „Morning Phase“ heißt das neue Werk von Beck. Es beginnt mit einem
       anschwellenden Streichersatz. Diese Streicher kommen noch öfter vor, womit
       klar ist, was die Blaupause ist: „Sea Change“, Becks Meisterwerk von 2002,
       das Album, mit dem er (mutmaßlich) die gescheiterte Beziehung zu Ryder
       verarbeitete.
       
       „Morning Phase“ ist im Vergleich dazu nicht unbedingt heller geraten, aber
       ein Liebeskummeralbum ist es auch nicht. Es ist erwachsene Musik geworden,
       deren kalte Emotionalität Verstörung zurücklässt. Ein Liebeskummeralbum
       ohne Liebeskummer.
       
       ## Sonnige Februartage, kahle Bäume
       
       Die Mittel sind im Grunde nicht besonders neu. Die eher getragenen
       Folkrock-basierten Stücke haben eine Menge gespenstische
       Hintergrundgeräusche verpasst bekommen. Es hallt, dengelt und echot
       ordentlich.
       
       Dies allerdings sind Elemente, die man seit „Sea Change“ kennt und die man
       auch auf Becks schwächeren Alben zuhauf findet. Dann noch ein bisschen
       Calypso hier, ein Banjo, das in „Say Goodbye“ auftaucht, im Folgenden sogar
       eine High-Life-Gitarre und ansonsten viele Country-und-Western-Anklänge,
       bis kurz darauf die nächste Streicherwelle über alles hinwegfegt.
       
       Was fehlt, sind Geschwindigkeit und Groove. Darum geht es aber bei „Morning
       Phase“ auch nicht. Becks anschwellende Streicher und die verhalten
       gespielten Akustikgitarren wollen auf etwas anderes hinaus: nicht auf
       weißen Soul oder auf Scham und Katharsis, sondern auf Fremdheitsgefühle und
       Überforderung. Kernstück des Ganzen ist „Wave“ mit der lang gezogenen Zeile
       „Isolation“ im Refrain.
       
       Man muss nicht gleich an John Lennons Urschrei-Album denken oder an
       „Closer“ von Joy Division. Beck ist sich längst sein eigenes
       Referenzsystem. Aber zur psychologischen Einordnung dient es. Die Songs
       wachsen in kalte, aber sonnige Februartage hinein, und sie wirken gleichsam
       wie kahle Bäume. Zur aufbauenden Untermalung eines zünftigen Frühstücks
       eignet sich die Musik also nicht wirklich. Dazu ist sie zu sehr in Moll
       gestimmt.
       
       25 Feb 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rene Hamann
       
       ## TAGS
       
   DIR Pop
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