URI: 
       # taz.de -- Gewalt bei Demo in Brasilien: „Es wird keine WM geben!“
       
       > In Brasilien protestieren die Menschen gegen die immensen Kosten für die
       > Fußball-WM. Dabei kommt es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der
       > Polizei.
       
   IMG Bild: Im brasilianischen São Paulo treffen Polizei und Demonstranten aufeinander.
       
       RIO DE JANEIRO/SÃO PAULO ap/afp | Vier Monate vor der
       Fußballweltmeisterschaft in Brasilien ist eine Demonstration gegen das
       Sportereignis in Gewalt umgeschlagen. Rund tausend Menschen protestierten
       am Samstag in der Metropole São Paulo, wo am 12. Juni das Eröffnungsspiel
       stattfindet, zunächst friedlich gegen die immensen Kosten für die WM.
       Später kam es zu Ausschreitungen mit mindestens sieben Verletzten. Die
       Polizei setzte Tränengas und Blendgranaten ein.
       
       Kleine Gruppen gewaltbereiter Demonstranten drangen in Bankfilialen ein,
       zündeten Müllcontainer an und errichteten Barrikaden im Stadtzentrum. Die
       Polizei von São Paulo teilte im Kurzbotschaftendienst Twitter mit,
       mindestens fünf Beamte seien verletzt worden. Auch zwei festgenommene
       Demonstranten seien verletzt. Insgesamt seien 230 Menschen festgenommen
       worden. Laut brasilianischen Medien waren darunter fünf Journalisten.
       Etliche Personen wurden festgenommen. Örtliche Reporter beklagten, dass
       ihnen Beamte ihre Kameras aus der Hand geschlagen und sie misshandelt
       hätten.
       
       „Es wird keine WM geben!“, skandierten die Demonstranten, die von
       vermummten Anarchisten des „Schwarzen Blocks“ angeführt wurden. „WM für die
       Reichen, Abfall für die Armen“, lautete eine weitere Parole. Einige
       Teilnehmer sagten der Nachrichtenagentur AFP, die Zusammenstöße hätten
       begonnen, als die Polizei den Marsch beenden wollte. Die Polizei habe
       Blendgranaten geworfen und dann Tränengas gegen die Menge eingesetzt.
       
       Einige warfen der Polizei unverhältnismäßige Härte vor. „Es war nicht mal
       eine Scheibe zu Bruch gegangen, als die Polizei auf jeden losging“, sagte
       ein Mann, der sich als Sprecher der Demonstranten ausgab. „Sie haben
       Millionen in die Stadien gesteckt und nichts für Bildung und Gesundheit
       ausgegeben“, sagte die 19-jährige Teilnehmerin Fernanda Moreira. Der
       gleichaltrige Lucas Souza sagte, die Regierung wolle den Eindruck erwecken,
       „dass in Brasilien immer heiter Karneval herrscht, aber so ist es nicht.“
       
       ## Proteste gegen die Korruption im Land
       
       Proteste gab es auch in Brasiliens größtem Slum in Rio de Janeiro.
       Aktivisten der Gruppe Meu Rio, die für Investitionen in die
       Abwasserentsorgung demonstrierten, prallten auf eine Gruppe von
       Slumbewohnern, die für den Bau einer Straßenbahn sind. Meu Rio erklärte,
       das Geld solle besser für die Abwasserentsorgung im Slum benutzt werden.
       Die Organisation will vor den Olympischen Spielen 2016 die Aufmerksamkeit
       auf dieses Problem lenken. Nur 30 Prozent der Abwässer in Rio werden
       geklärt. Der Rest fließt so ins Wasser.
       
       Bereits Mitte vergangenen Jahres hatte es Proteste gegen die hohen Kosten
       für die Fußball-WM gegeben. Die Demonstrationen begannen in São Paulo und
       richteten sich zunächst gegen die Erhöhung der Ticketpreise im Nahverkehr.
       Schließlich breiteten sich die Proteste im ganzen Land aus und richteten
       sich allgemein gegen soziale Missstände und Korruption. Es kam immer wieder
       zu Straßenschlachten, mindestens fünf Menschen wurden getötet. Die
       Demonstrationen überschatteten damals auch die Fußballspiele des in
       Brasilien ausgetragenen Confederations Cup.
       
       Der brasilianischen Regierung wird vorgeworfen, viel Geld in
       Prestigeprojekte wie die Fußball-WM 2014 und die Olympischen Sommerspiele
       in Rio de Janeiro 2016 zu stecken und stattdessen notwendige Ausgaben für
       Bildung und Gesundheit sowie das marode öffentliche Transportwesen zu
       vernachlässigen. Präsidentin Dilma Rousseff versprach unter dem Druck der
       Straße Investitionen ins Verkehrssystem sowie einen verstärkten Kampf gegen
       Korruption.
       
       Zuletzt verlor die Protestbewegung an Fahrt: An einem für den 25. Januar
       ausgerufenen landesweiten Anti-WM-Tag beteiligten sich nur wenige. Anfang
       Februar eskalierte dann eine neue Demonstration gegen hohe Ticketpreise in
       Rio. Dabei wurde ein Kameramann tödlich verletzt, als ein Demonstrant einen
       Feuerwerkskörper warf. Der Todesfall löste Forderungen nach einem härteren
       Umgang mit gewaltbereiten Demonstranten aus. Die Fußball-WM findet in zwölf
       brasilianischen Städten statt. Aus Angst vor Krawallen stellt die Regierung
       150.000 Sicherheitskräfte sowie 20.000 private Wachleute für das
       Großereignis ab.
       
       23 Feb 2014
       
       ## TAGS
       
   DIR Brasilien
   DIR Fußball-WM 2014
   DIR Protest
   DIR WM 2014
   DIR Siemens
   DIR Fußball-WM 2014
   DIR Brasilien
   DIR Brasilien
   DIR Brasilien
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Pressefreiheit während der WM: Journalisten leben gefährlich
       
       Vera Araújo filmte, wie rüde ein Polizist mit einem Fan umging. Als
       Journalistin tat sie nur ihre Arbeit. Kurz darauf wurde sie verhaftet.
       
   DIR Korruption in Brasilien: Siemens gibt sich unschuldig
       
       Siemens ist in Brasilien von allen öffentlichen Ausschreibungen
       ausgeschlossen. Weil der Konzern eine Klage verlor, die er selbst
       anstrengte.
       
   DIR Umfrage zur Weltmeisterschaft: Brasilianer mögen Fußball weniger
       
       Kurz vor der Fußball-WM unterstützen so wenige Brasilianer wie noch nie das
       Turnier. Immer wieder gibt es Protest gegen Milliardenkosten und hohe
       Preise.
       
   DIR Protestbewegung in Brasilien: Wie starb Santiago Andrade?
       
       Am Rande von Protesten gegen Fahrpreiserhöhungen kam ein Kameramann ums
       Leben. Aktivisten befürchten jetzt eine neue Kriminalisierung.
       
   DIR Demonstration in Brasilien: Mehrere Verletzte in Rio
       
       Eine friedliche Demonstration gegen die Erhöhung von Fahrpreisen in Rio de
       Janeiro ist eskaliert. Ein Kameramann wurde schwer verletzt und liegt im
       Krankenhaus.
       
   DIR Proteste gegen Fußball-WM in Brasilien: Lieber U-Bahnen als Stadien
       
       In Brasilien wird erneut gegen die Fußball-WM protestiert. Rund 1.000
       Demonstranten forderten Geld für Bildung statt für den Weltcup. Etwa 100
       wurden festgenommen.