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       # taz.de -- Der Rückblick aus Sotschi: Zwei Wochen mit Wladimir
       
       > Der Personenkult um den Präsidenten dominierte die Spiele in Russland.
       > Probleme? Die gab es nicht in Sotschi. Putin wird es schon wissen.
       
   IMG Bild: Manchmal kann Putin so etwas wie lächeln. Zumindest in Sotschi.
       
       SOTSCHI taz | 12 Milliarden Dollar. Es wird Schnee liegen. Es wird keinen
       Stau geben. Ganz Russland steht hinter den Spielen. Mit diesen Sätzen hat
       Wladimir Putin [1][in Guatemala City die Spiele nach Sotschi geholt]. Das
       Internationale Olympische Komitee fand ganz toll, was er gesagt hat. Es gab
       ihm die Spiele.
       
       Kurz bevor sie schließen, wird im Medienzentrum von Adler die ganze Rede
       noch einmal an die Videowand geworfen. Der Führer des Landes spricht noch
       einmal zur internationalen Presse. Überlebensgroß. Die Botschaft. Seht her!
       Putin hat alle seine Versprechen gehalten. Geht so Personenkult?
       
       Hiermit erkläre ich die 22. Olympischen Winterspiele für eröffnet. Der Tag
       nach [2][der Eröffnungsfeier] gehört allein dem Präsidenten. Die
       Nachrichten im ersten Programm zeigen Putin mit Janukowitsch, mit Erdogan,
       mit Japans Premier Abe. Weißrusslands Präsident Lukaschenko bringt wie
       immer seinen Buben mit. Händeschütteln, ernste Minen und einmal sogar so
       etwas wie Lächeln. Putin, der Weltpolitiker.
       
       Themawechsel in den Nachrichten. Putin verleiht verdienten Wissenschaftlern
       Orden. Dann noch ein paar Bilder vom Schneechaos in Moskau und von
       Überschwemmungen in Großbritannien. Putin und Wetter. [3][Gibt es da nicht
       mehr zu sagen]?
       
       ## Ski heil!
       
       Große Siege, [4][große Enttäuschungen]. Russen feuern Russen an. Keine
       Pfiffe für die Gegner. Oft wird großer Sport geboten. Zwei Frauen rasen
       fast zwei Minuten bergab und fahren auf die Hundertstelsekunde [5][genau
       die gleiche Zeit]. Geteilter Sieg, doppelte Freude. Als die Dominique Gisin
       und Tina Maze vom Treppchen zur Tribüne winken, ist die schon fast wieder
       leer. Was soll man auch hier oben.
       
       Keine Hütte, kein Lokal, nur die Bergstation einer schnellen Kabinenbahn.
       Nichts außer Pisten und Lifte. Ski heil! Sonst nichts. Warum hier? Schon
       2001 oder 2002 bin ich mit meinem Jeep zu dieser Stelle, zu diesem Fluss
       gefahren und habe gesagt: Lasst uns hier beginnen. Putin sagt in einer
       TV-Dokumentation, dass er es war, der den Ort für die alpinen Wettbewerbe
       ausgesucht hat. Wer glaubt ihm das?
       
       Putin lehrt dich, die Heimat zu lieben. Pussy Riot [6][mischt die
       Olympiastadt auf]. Drei mal [7][werden sie festgenommen]. Ein Mann in
       Kosakenuniform schlägt mit einer Peitsche [8][nach den Aktivistinnen]. Das
       Musikvideo, das die Punkband in Sotschi aufnimmt, [9][zeigt Bilder davon].
       War was? Hat ja nichts mit Olympia zu tun, meint das IOC. Deren Sprecher
       sitzt neben Dmitri Kosak, dem stellvertretenden Ministerpräsidenten, auf
       dem Podium. Unten sitzen die Olympiajournalisten.
       
       Sie sind gekommen, um zu provozieren, und Einheimische haben sich
       provozieren lassen, sagt Kosak. Waren die Kosaken aus Krasnodar nicht als
       Verstärkung der Securityarmee nach Sotschi geholt worden? Und die
       Korruption, die Pussy Riot in ihrem Song anprangern? Wenn es die gegeben
       hätte, dann wäre das verfolgt worden, das hat auch der Präsident
       klargemacht, sagt Kosak. Wenn Putin das gesagt hat.
       
       ## Links abbiegen geht nicht
       
       Der Taxifahrer kennt sich nicht mehr aus. Früher musste man einfach nur
       geradeaus fahren. Er wählt die falsche Spur. Das sind [10][Putins neue
       Straßen], sagt er. Brücken, Viadukte, Unterführungen. Aus zweispurigen
       Alleen sind Autobahnen geworden. Jetzt weiß der Taxler wieder, wo er ist.
       Wir müssten links abbiegen. Geht nicht. Nach drei Kilometern erst kann man
       wenden.
       
       Was hat Putin denn da gebaut, fragt sich der Chauffeur. Der Präsident wird
       es schon wissen. Und die [11][Zerstörung der Natur]? Der Kaukasus ist groß.
       Und außerdem haben wir doch Abchasien. [12][Da ist es schön]. Die Strände,
       die Berge, die Mandarinen. Hat Putin uns zurückgeholt, sagt einer.
       
       Im Pressezentrum sitzt ein georgischer Journalist. Auf seiner Jacke steht
       ganz groß Georgien und Suchumi. Das ist Abchasiens Hauptstadt. Für den
       Kollegen gehört die Minirepublik, die kaum ein Land anerkennen will, immer
       noch zu Georgien wie ehedem. Der Mann wird belächelt. Seinen [13][Protest
       steckt Olympia weg]. Kein Gegner für Putin.
       
       ## Umdrehen!
       
       Fünf schwarz gekleidete Wachleute. Finstere Gestalten. Am Eingang zum Hotel
       werden vor allem die Mitarbeiter, Lieferanten und Putzfrauen drangsaliert.
       Was wollen sie hier? Olympiatouristen aus dem Westen müssen sich nicht
       ausweisen. Auf der Straße vor dem Hotel patroullieren zwei uniformierte
       Polizisten.
       
       Was sind das für Typen am Strand? Alle 20 Meter stehen zwei Männer zusammen
       und tun so als würden sie sich unterhalten. Aus dem Knopf, den sie im Ohr
       haben, führt ein Kabel unter ihre Lederjacke. Umdrehen! Wer Zug fahren
       will, wird durch eine [14][Sicherheitsschleuse] geschickt wie auf den
       Flughäfen und muss sich abtasten lassen.
       
       Auf den [15][Bergen ist Militär postiert]. Dmitri Kosak ist stolz darauf.
       Hier kann niemand gegen ein Gesetz verstoßen, sagt er. Das ist es, was
       Olympia macht, sagt Pussy Riot. Wer interessiert sich schon für diese
       Mädchen, fragt Kosak. Bei Olympia ist er Putins Chefhandlanger. Ein
       freundlicher Mann, ein Mann des neuen Russland. Einer von Putin. Hat keiner
       Angst vor dem?
       
       Er ist sehr vielseitig interessiert, selbstverständlich besonders am Sport
       aber auch in der Kultur und anderen Bereichen. Er spricht exzellentes
       Deutsch. [16][Thomas Bach] ist ganz begeistert von Putin. Der Bildzeitung
       sagt der IOC-Präsident, dass er [17][ganz schnell einen Termin bekommt],
       wenn er mit Russlands Staatschef reden will. Sie passen gut zusammen. Bach
       war begeistert von den Spielen. Die Sportler sollen im Mittelpunkt stehen,
       sagt er immer wieder. Sieht er nicht, dass da ein anderer steht?
       
       24 Feb 2014
       
       ## LINKS
       
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   DIR [9] http://youtu.be/gjI0KYl9gWs?t=43s
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   DIR [17] http://www.bild.de/sport/olympia/thomas-bach/was-hat-putin-ihnen-erzaehlt-34695004.bild.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
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