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       # taz.de -- Kolumne Wutbürger: Zehn Euro und ein toller Tiger-Tanga
       
       > Früher schrieb die Freundin aus Amerika, heute ist es nur der
       > Olivenölhändler. Er bietet ein Käsebrett. Und will darauf gefälligst eine
       > Antwort.
       
   IMG Bild: Wer will es nicht, so ein Käsebrett?
       
       Eigentlich sollte ich mich über jeden Brief freuen. Ich bin in einem Alter,
       in dem ich nur verträumt darauf zurückblicken kann, wie es war, als ich
       noch regelmäßig Post bekam. Als ich zum Beispiel 17 war, verbrachte meine
       damalige Freundin ein halbes Jahr in Amerika. So gut wie jeden Montag kam
       ein Brief von ihr. Ich ging in mein Zimmer, ließ den ersten Satz aus der
       Italienischen Symphonie von Felix Mendelssohn laufen und riss den Umschlag
       auf.
       
       Wenn ich heute meinen Briefkasten öffne, wäre dagegen irgendwas von
       Karlheinz Stockhausen die passende Untermalung. Das liegt maßgeblich an dem
       italienischen Olivenölfabrikanten, bei dem ich vor eineinhalb Jahren sechs
       Flaschen bestellt habe. Seitdem schreibt er mir etwa einmal im Monat.
       
       Seine jüngste Botschaft ist überschrieben mit „NOCHMALIGE VERLÄNGERUNG DES
       SPEZIAL-ANGEBOTS: EUR 10 + ein tolles Käsebrett.“ Und weiter: „Vor einigen
       Wochen habe ich Ihnen ein wirklich interessantes Spezial-Angebot gemacht,
       aber leider habe ich von Ihnen noch keine Antwort darauf erhalten.“
       
       Es geht dann um ein Käsebrett und einen Rabatt von zehn Euro, wenn ich für
       mindestens 45 Euro bestelle. Ich kann mir nicht helfen, aber mir kommt das
       vor wie das Flehen eines Mannes, der einer Frau, die nichts von ihm wissen
       will, schreibt: „NOCHMALIGE VERLÄNGERUNG DES SPEZIAL-ANGEBOTS: EUR 10 + ein
       toller Tiger-Tanga“.
       
       Aber vielleicht ist das nur der Versuch meines neuen Brieffreundes, mich
       dazu zu bringen, zurückzuschreiben. Ich habe deshalb einen Brief in den
       vorfrankierten Umschlag gesteckt: „Lieber Fratelli, ich habe mich sehr über
       Deine Zeilen gefreut. Deinem Olivenöl geht es sehr gut bei mir. Wie geht es
       Deiner Mutter? Wie gern würde ich mit Dir unter einem Deiner Olivenbäume
       sitzen und in den Sternenhimmel gucken. Herzliche Grüße, Dein Kai.“
       
       Mal sehen, wann er antwortet. Die Italienische von Mendelssohn liegt
       jedenfalls bereit.
       
       22 Feb 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kai Schächtele
       
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       Man muss nur wollen: Würfe die Uno eine Ladung AXE Peace über Syrien ab,
       dann ginge es dort sehr schnell liebevoll und harmonisch zu.