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       # taz.de -- Immer mehr Atommüll-Müll: Müdes Material
       
       > Jetzt wurden bereits 18 verrostete Fässer mit radioaktivem Abfall im
       > Atomkraftwerk Brunsbüttel entdeckt und es könnten noch weit mehr werden.
       
   IMG Bild: Mehr marode Metallfässer: Schleswig-Holsteins grüner Umweltminister Robert Habeck hat ein Problem an der Backe.
       
       HAMBURG taz | Immer mehr strahlender Schrott wird im Atomkraftwerk
       Brunsbüttel entdeckt. Mindestens 18 durchgerostete Fässer mit schwach- und
       mittelradioaktivem Abfall stehen in einer der unterirdischen Kavernen des
       stillgelegten Meilers. Das gab Schleswig-Holsteins grüner Umweltminister
       Robert Habeck am Mittwoch bekannt. Die Korrosionserscheinungen seien teils
       so stark, dass die Fasswände durchdrungen wurden.
       
       Das sei eine „erschreckende“ Feststellung, so Habeck, und noch lange nicht
       das Ende. Denn bislang wurde erst eine von sechs Kavernen mit 70 Fässern
       untersucht, von denen jedes vierte korrodiert ist. Damit sei klar, „dass es
       sich nicht um Einzelfälle handelt, sondern um ein systematisches Problem“,
       sagte Habeck. „Ein Teil der Fässer ist nicht mehr sicher handhabbar.“
       Insgesamt stehen in den unterirdischen Lagern des Atomkraftwerks 631 Fässer
       mit atomaren Abfällen. Wie viele davon ebenfalls betroffen sind, müssen
       weitere Untersuchungen zeigen.
       
       Betreiber Vattenfall beteuerte am Mittwoch, das Ergebnis liege „im Rahmen
       unserer Erwartungen“. Die Kavernen selbst seien sicher, Gesundheitsgefahren
       für das Personal oder die Bevölkerung bestünden nicht, sagte
       Vattenfall-Chef Pieter Wasmuth. In den Kavernen wurden mit 600 Millisievert
       pro Stunde „hohe, aber nicht ungewöhnliche Werte gemessen“, bestätigte das
       Umweltministerium. Außerhalb der Kavernen könne aber „unter
       Strahlenschutzmaßnahmen gefahrlos gearbeitet werden“.
       
       Wasmuth wies darauf hin, dass „weder die Kavernen noch die Fässer für eine
       so lange Aufbewahrung gedacht gewesen waren“. Die Fässer hätten bereits
       Ende der 1990er-Jahre in das niedersächsische Endlager Schacht Konrad bei
       Salzgitter gebracht werden sollen. Dieses Endlager aber steht frühestens
       2021 zur Verfügung. Ob die Fässer dort nicht korrodiert wären, sagte
       Wasmuth nicht.
       
       In den Fässern befinden sich Filterharze, Verdampferkonzentrate und
       sonstige Abfälle wie Bauschutt oder Putzlappen aus dem Leistungsbetrieb des
       Reaktors. Ein erstes stark verrostetes Fass war vor zwei Jahren entdeckt
       worden. Vattenfall musste daraufhin einräumen, dass die Kavernen seit über
       30 Jahren nicht kontrolliert worden waren, auf eine Videoüberwachung war
       beim Bau verzichtet worden. Zwei Jahre lang wurde nun ein Kontrollkonzept
       erarbeitet.
       
       Danach wurde am 8. Januar der 110 Zentimeter starke Stahlbetondeckel der
       ersten Kaverne ferngesteuert angehoben und eine neu entwickelte Mini-Kamera
       hineingelassen, die in den nur 15 Zentimeter schmalen Zwischenräumen
       zwischen den Fässern eingesetzt werden kann. Die Kamera entdeckte vorige
       Woche ein weiteres verrostetes Fass, jetzt sind es bereits 18 Fässer.
       
       Vattenfall hat nun der Atomaufsicht im Kieler Umweltministerium ein
       Handlungskonzept vorgeschlagen. Danach sollen die Fässer in einem
       „Übersack“ sicher verpackt und anschließend in „endlagerfähigen
       Gusscontainern“ verstaut werden. Die Container seien aber frühestens im
       nächsten Jahr verfügbar.
       
       Für diese Methode sei aber ohnehin die Zustimmung der Atomaufsicht und des
       Bundesamtes für Strahlenschutz in Salzgitter erforderlich, sagte
       Wasmuth.„Für das notwendige Genehmigungsverfahren ist mit rund neun Monaten
       zu rechnen.“ In der Zwischenzeit könnten zwischen Juni und Oktober drei
       weitere Kavernen untersucht werden, die beiden letzten dann anschließend.
       
       Die Funde in Brunsbüttel sind für Habeck ein weiterer Beleg dafür, „dass
       der Einstieg in die Atomenergie ein Irrweg war, der nie hätte eingeschlagen
       werden dürfen“. Jetzt hätte die Gesellschaft „ein Problem an der Backe, das
       uns vor immer neue und größere Herausforderungen stellt“. Der
       SPD-Energiepolitiker Olaf Schulze findet es „unbegreiflich“, dass die
       Fässer jahrzehntelang nicht überprüft wurden. Auch die Piraten-Abgeordnete
       Angelika Beer sieht die Schuld bei Vattenfall: „Das Sicherheitskonzept des
       Betreibers hat klar versagt.“
       
       19 Feb 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven-Michael Veit
       
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