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       # taz.de -- Umweltabgabenanteil nur bei 5,1 Prozent: Ökosteuerreform verpufft
       
       > Weil sie nicht an die Inflation angepasst werden, sinkt der Anteil der
       > Umweltabgaben an den Staatseinnahmen. Der Finanzminister reagiert darauf
       > nicht.
       
   IMG Bild: Nach Anpassung an die Inflationsrate würde ein Liter Benzin heute mit 77 Cent besteuert
       
       BERLIN taz | Die Ziele der Ökosteuerreform aus dem Jahr 1999 waren klar:
       Energie sollte teurer werden, um einen Anreiz zum sparsamen Verbrauch zu
       geben. Im Gegenzug wurden die Rentenbeiträge gesenkt, um Arbeit billiger zu
       machen. Zunächst ging das Konzept auch auf: Durch eine neue Steuer auf
       Strom und höhere Abgaben auf Kraftstoffe wie Benzin, Diesel, Heizöl und
       Erdgas stieg der Anteil von Umweltsteuern am Staatshaushalt von 5,1 Prozent
       im Jahr 1999 auf 6,5 Prozent im Jahr 2003 an.
       
       Doch seitdem hat sich die Entwicklung wieder umgekehrt. Der Anteil der
       Umweltsteuern ist im vergangenen Jahr mit 5,1 Prozent erstmals wieder auf
       das Niveau vor der Ökosteuerreform gesunken. Dies zeigt eine aktuelle
       Analyse des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft, die der taz
       vorliegt. Für 2014 wird mit einem weiteren Rückgang auf 4,9 Prozent
       gerechnet.
       
       Zum Teil liegt diese Entwicklung daran, dass die Ökosteuer die gewünschte
       Wirkung hatte: Der Kraftstoffverbrauch, der zuvor seit 1950 kontinuierlich
       angestiegen war, ist seit dem Jahr 2000 erstmals gesunken. Daneben gab es
       einen Umstieg von höher besteuertem Benzin zu niedriger besteuertem Diesel.
       
       Ein weiterer wichtiger Grund für den Rückgang ist jedoch die Berechnung der
       Steuer. Erlöse aus anderen wichtigen Abgaben wie Lohn- oder Mehrwertsteuer
       stiegen mit den Jahren automatisch an, weil sie prozentual erhoben werden:
       Lohn- und Preissteigerungen führten also zwangsläufig zu höheren
       Steuereinnahmen. Energiesteuern werden hingegen mengenbezogen erhoben: Pro
       Liter Kraftstoff oder Kilowattstunde Strom fällt ein fixer Betrag an. Er
       wird auch nicht an die Inflation angepasst.
       
       ## Angst vor Protesten
       
       Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat zwar neue Umweltabgaben wie die
       Kernbrennstoff- und Luftverkehrssteuer eingeführt. Dennoch stagnierten die
       Einnahmen aus Umweltsteuern (inklusive Kraftfahrzeugsteuer) in absoluten
       Zahlen bei rund 58 Milliarden Euro zwischen 2011 und 2013 – prozentual
       nahmen sie sogar ab.
       
       „Allein zum Ausgleich der Inflation hätte das Umweltsteueraufkommen seit
       2003 um mindestens zehn Milliarden Euro steigen müssen“, sagt
       FÖS-Geschäftsführer Damian Ludewig. „Um die faktische Senkung der Ökosteuer
       zu stoppen, müsste sie regelmäßig erhöht werden – mindestens um die
       Inflationsrate.“
       
       Ein Liter Benzin würde heute dann mit 77 Cent besteuert, statt mit dem seit
       2003 geltenden Satz von 65 Cent. Eine Ausnahme von einer solchen Anpassung
       hält Ludewig nur bei Strom für denkbar. Dieser sei durch die EEG-Umlage –
       die keine Steuer ist – zuletzt ohnehin teurer geworden.
       
       Das Bundesfinanzministerium sieht keinen Handlungsbedarf – vermutlich
       fürchtet das Haus unter Wolfgang Schäuble (CDU) den öffentlichen Protest,
       den etwa höhere Benzinsteuern auslösen dürften. Man gehe von einem
       „stabilen Aufkommen bei Energiesteuer und Stromsteuer und auch bei weiteren
       umweltbezogenen Steuern“ aus, teilt ein Sprecher von mit. „Das
       Bundesfinanzministerium sieht keinen Anlass für eine Erhöhung dieser
       Steuern.“
       
       18 Feb 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Malte Kreutzfeldt
       
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