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       # taz.de -- Landwirt über den Anbau von Gen-Mais: „Die Technik wird verteufelt“
       
       > Dem Landwirt Harald Nitzschke ist der Widerstand in der Bevölkerung egal:
       > Er will unbedingt Gentech-Mais anbauen und sieht darin keine
       > Gesundheitsgefahr.
       
   IMG Bild: Harald Nitzschke: „Wenn ich diesen Mais anbaue, wird der ja nicht gegessen. Der wird an unsere Bullen verfüttert.“
       
       taz: Herr Nitzschke, warum wollen Sie den gentechnisch veränderten Mais
       1507 anbauen? 
       
       Harald Nitzschke: Wir haben ja schon 2006 bis 2008 den gentechnisch
       veränderten Mais MON810 angebaut, bis er in Deutschland verboten wurde. Und
       wir haben damals gute Erfahrungen gemacht. Deshalb würden wir auch den 1507
       aussäen, wenn er denn zugelassen wird.
       
       Was für Erfahrungen meinen Sie? 
       
       Das ist ja ein Mais, der resistent gegen den Schädling Maiszünsler ist.
       Dafür produziert die Pflanze das Gift Bt. Und wir haben hier einen relativ
       hohen Befall mit diesem Insekt, das sich konventionell ganz schlecht
       bekämpfen lässt.
       
       Wie viel mehr verdienen Sie durch Bt-Mais? 
       
       Ohne ihn verlieren wir bis zu 20 Prozent des Ertrags. Selbst wenn man die
       höheren Preise für das Bt-Saatgut berücksichtigt, verdienen wir damit unter
       dem Strich zwischen 100 und 200 Euro pro Hektar mehr.
       
       Kann man das Maiszünsler-Problem nicht durch Fruchtfolgen lösen, also indem
       man nach jeder Ernte die Pflanzenart auf einem Feld wechselt, sodass sich
       Schädlingspopulationen gar nicht aufbauen können? 
       
       Das ist falsch. Die Motte des Maiszünslers fliegt bis zu 30 Kilometer im
       Jahr. Das heißt: Selbst wenn ich auf einem Feld keinen Mais anbaue, aber
       der Nachbar tut das und hat Schädlinge dort, dann kommen die genauso zu uns
       geflogen. Es gibt Möglichkeiten, den Befall einzuschränken, indem man die
       Maisstoppeln einpflügt, damit die Population nicht so groß ist. Aber man
       kriegt ihn nicht weg.
       
       Wäre der Schädlingsbefall denn auch mit Pflügen so groß, dass der Genmais
       nötig wäre? 
       
       Wir gehen auch nicht pleite, wenn wir diesen Mais nicht anbauen. Aber er
       würde uns einen ökonomischen Vorteil bringen.
       
       88 Prozent der Bürger lehnen Genmais ab. Ist es demokratisch, ihn dennoch
       anzubauen? 
       
       Ja, wenn es gesetzlich zugelassen ist, habe ich das Recht es zu tun – ob
       die anderen das wollen oder nicht.
       
       Was glauben Sie: Warum lehnen so viele Leute die Agro-Gentechnik ab? 
       
       Das ist für mich mangelnde Aufklärung. Mehr nicht. Die Technik wird
       verteufelt. Das ist moderne Hexenverbrennerei.
       
       Haben Sie keine Angst, mit dem Anbau die Gesundheit von Menschen zu
       schädigen? 
       
       Da habe ich keine Bedenken. Ich vertraue den Zulassungsverfahren, die wir
       in Deutschland und der EU haben. Außerdem: Wenn ich diesen Mais anbaue,
       wird der ja nicht gegessen. Der wird an unsere Bullen verfüttert. Oder ich
       schmeiße ihn in die Biogasanlage.
       
       Die Gegner sagen, die Tierversuche für die Zulassung seien zu kurz und von
       den Herstellern in Auftrag gegeben worden. Gibt Ihnen das zu denken? 
       
       Dann muss ich auch jedes Zulassungsverfahren von Medikamenten anzweifeln.
       
       Medikamente sind oft zum Überleben nötig, Gentechnik-Mais nicht. Ist das
       Risiko beim Gentech-Mais gerechtfertigt? 
       
       Es wurde schon viel dazu geforscht. Belege für Gesundheitsgefahren gibt es
       trotzdem nicht.
       
       Könnte das Gift der Pflanze nicht auch andere Insekten als die Schädlinge
       töten? 
       
       Nein, auch dafür gibt es keinen Beweis. Das Gift, das die Pflanze erzeugt,
       wird doch sogar im ökologischen Landbau als Insektizid eingesetzt. Das ist
       der gleiche Wirkstoff.
       
       Die Biobauern spritzen ihn nur punktuell, der Mais setzt ihn ständig frei.
       Das ist doch ein Unterschied, oder? 
       
       Ja, aber es gibt auch keinen Nachweis, dass sich das im Boden anreichert.
       
       Befürchten Sie nicht, von übermächtigen Saatgutkonzernen abhängig zu
       werden? 
       
       Ich muss den Mais ja nicht kaufen. Es gibt ja genügend Alternativen. Wir
       haben im Moment über 400 Maissorten auf dem Markt von zig verschiedenen
       Züchtern.
       
       Aber sie müssen doch den Gentech-Firmen Patentgebühren zahlen? 
       
       So ähnlich ist das jetzt auch schon. Ich muss jedes Jahr ein Formular
       ausfüllen, in das ich schreibe, wie viel und was für Saatgut ich zugekauft
       habe, und wenn ich das nicht nachweisen kann, zahle ich eine Gebühr an den
       Züchter.
       
       In Nordamerika hat Monsanto Bauern verklagt, auf deren Feldern
       Gentech-Pflanzen des Konzerns wuchsen, ohne dass die Landwirte die angebaut
       hatten. Könnte Ihnen so etwas nicht auch drohen? 
       
       Das war dann aber wohl zum Beispiel mit Raps. Der überwintert im Boden.
       Gen-Raps lehne ich auch ab. Bei Mais besteht diese Gefahr nicht.
       
       Befürchten Sie, von den Nachbarn geschnitten zu werden, wenn Sie
       Gentech-Mais säen? 
       
       Wir haben in der Nachbarschaft einen Ökobetrieb. Der wusste auch, dass wir
       das angebaut haben damals. Wir haben genügend Abstand gehalten. Da gab’s
       keine Probleme.
       
       Feldzerstörer machen Ihnen keine Sorge? 
       
       Nein. Die hatten wir ja schon reichlich. Bei uns sind schon mehrere
       Versuche und ein Stück des Maisfelds zerstört worden.
       
       Kosten Sie die Feldzerstörer nicht mehr Ertrag als der Maiszünsler? 
       
       Nein, die Feldzerstörer können unbemerkt nicht mehr als einen Hektar kaputt
       machen. Der Maiszünsler schafft viel mehr.
       
       Aber Feldzerstörungen kosten Sie doch Ärger und Zeit. Warum halten Sie
       trotzdem am Gentech-Mais fest? 
       
       Ich will diesen technischen Fortschritt befördern. Mich ärgert, dass man
       die Forschung nicht weiterbetreibt. Wie viel Menschen müssen wir in der
       Zukunft ernähren? Bei der Einsparung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln
       darf man auf das Instrument Biotechnologie nicht verzichten.
       
       19 Feb 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
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