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       # taz.de -- Kommentar Linkspartei: Fortschritt in Zeitlupe
       
       > Ganz langsam bewegt sich jetzt auch die Linkspartei in Richtung
       > Realpolitik. Doch noch immer gilt: Gysi für die Realos und Wagenknecht
       > für die radikale Pose.
       
   IMG Bild: Polarisiert auch die Mitglieder in der Linkspartei: Sahra Wagenknecht
       
       Die Linkspartei bewegt sich ganz, ganz langsam in Richtung Realpolitik. Aus
       dem Programm ist, nach viel Aufregung, die gröbste Schwarz-Weiß-Malerei
       herausretuschiert worden. Um Worte wird in der Partei stets gerungen, als
       würde das Schicksal der Welt davon abhängen.
       
       Die Hartwährung aber sind die Personen. Und da ist mehr oder weniger alles
       beim Alten: Die Ostpragmatiker haben in Hamburg nicht getan, was sie hätten
       tun können: sich komplett gegen die Westlinke durchzusetzen.
       
       Das ist nicht so verwunderlich, wie es scheint. Lieber auf Konsens als auf
       Dissens zu setzen ist ziemlich normal in der Partei. Das ist kein Relikt
       erlernter Parteidisziplin oder von Kadermentalität. Die ausgeprägte Neigung
       zum Kompromiss ist Ausfluss einer scheinbar paradoxen Logik: Was die Partei
       eint, ist ihre Differenz.
       
       Die Linkspartei ist eine ziemlich bunte, heterogene Veranstaltung, mit
       einer fragilen inneren Balance. Es gibt gut verdienende Beamte und
       Hartz-IV-Empfänger, orthodoxe Marxisten, geläuterte Postkommunisten,
       Kleingärtner, Feministinnen und Linksradikale.
       
       Auch die Klientel der Partei ist kompliziert. Eine Hälfte will krachende
       Antirhetorik, die andere Realpolitik. Bislang löst die Partei diese
       Widersprüche denkbar einfach. Es gibt für jeden etwas: Gysi für die Realos,
       Wagenknecht für die radikale Pose.
       
       Doch die Rahmenbedingungen verschieben sich. Die SPD verabschiedet sich
       zaghaft von ihrer Abgrenzungsneurose Richtung Gysi. Wählt die SPD in
       Thüringen einen Linkspartei-Genossen zum Ministerpräsidenten, wäre das
       wirklich neu.
       
       Das heißt: Der Außendruck, der in der Linkspartei zusammenzwingt, was nicht
       unbedingt zusammengehört, sinkt. Das gibt innen mehr Bewegungsfreiheit. Die
       Ostpragmatiker werden stärker und vorsichtig selbstbewusster. Etwas gerät
       in Bewegung. In Zeitlupe.
       
       16 Feb 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Reinecke
       
       ## TAGS
       
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