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       # taz.de -- Regierungskrise in Italien: Der Nächste, bitte!
       
       > Ob der Rücktritt des italienischen Ministerpräsidenten Enrico Letta
       > Italien voranbringt, ist unklar. Der Aufstieg seines Rivalen Matteo Renzi
       > wird skeptisch verfolgt.
       
   IMG Bild: „Ich bin dann mal weg“, scheint Ministerpräsident Enrico Letta zu sagen.
       
       ROM dpa/ap | Der angekündigte Rücktritt des italienischen
       Ministerpräsidenten Enrico Letta hat in Italien und auf internationaler
       Ebene eine breite Debatte ausgelöst. Der Vorstoß seine parteiinternen
       Rivalen Matteo Renzi wird nicht nur mit Wohlwollen kommentiert.
       
       Damit der erst 39-Jährige selbst die Regierung führen kann, müsste nun
       Staatspräsident Napolitano ihm den Auftrag für die Bildung einer neuen
       Koalition erteilen, die robust genug wäre, um auf eine Mehrheit im
       Parlament zu kommen.
       
       Allerdings könnte Napolitano den rücktrittswilligen Letta bitten, sich im
       Parlament erneut einem Misstrauensvotum zu stellen. Da die Demokratische
       Partei jedoch die größte Fraktion stellt, wären Lettas Chancen auf eine
       Zustimmung äußerst gering. Vor diesem Hintergrund ist ein Regierungsauftrag
       für Renzi das derzeit wahrscheinlichste Szenario.
       
       Mögliche Sondierungsgespräche würden erneut den skandalumwitterten
       Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi auf den Plan rufen. Seine
       Mitte-Rechts-Partei Forza Italia ist nach den Demokraten die zweitgrößte in
       Italien.
       
       ## Kritik in den eigenen Reihen
       
       Der Rückhalt von Berlusconis Parteifreunden gilt daher als entscheidend für
       ein effektives Parlaments. Forzia Italia kündigte denn auch an, dass
       Berlusconi die Parteidelegation bei den Beratungen mit Napolitano anführen
       werde.
       
       Matteo Renzis Griff nach der Macht könnte aber auch potenzielle Wähler
       abschrecken. In seiner Rede vor seinen Parteifreunden räumte er selbst ein,
       dass er wisse, dass „er sich verbrennen“ könne.
       
       Am Renzis Schachzug regte sich allerdings auch Kritik in den Reihen seiner
       Partei. Pippo Civati vom Führungszirkel der Demokraten hatte sich gegen die
       Revolte gegen Letta gewandt und sprach sich nun für Neuwahlen aus. Die
       Partei solle nun an den Urnen „das Wort an die Bürger übergeben“, um zu
       ermitteln, wer sie regieren solle, sagte Civati.
       
       ## Stimmen der internationalen Presse
       
       Die internationale Presse sieht den sich ankündigenden Wechsel kritisch.
       Die linksliberale spanische Zeitung El País kommentiert den Rücktritt
       Lettas: „Enrico Letta war nicht nur in seiner selbstzerstörerischen
       Demokratischen Partei isoliert, sondern auch in der italienischen
       Regierungskoalition. Sein Rivale Matteo Renzi kontrolliert die Führung
       einer gespaltenen Partei, aber nicht die Abgeordneten. Als
       voraussichtlicher neuer Regierungschef wird es ihm an Legitimität fehlen,
       weil er sich keiner Parlamentswahl gestellt hat.“
       
       Auch der belgische De Standaard sieht auf Matteo Renzi keine leichte
       Aufgabe zukommen : „Renzi wäre der jüngste Ministerpräsident, den Italien
       je hatte und er würde vor der zentnerschweren Aufgabe stehen, die
       italienische Gesellschaft für einen Prozess von Reformen zu gewinnen, die
       unvermeidlich schmerzhaft sein würden."
       
       Die niederländische Zeitung De Telegraaf erinnert noch einmal an die
       wirtschaftliche Krise aus der der italienische Ministerpräsident einen
       Ausweg finden muss: „Letta war Ministerpräsident in einer äußerst
       schwierigen Phase. Schon sein Start war schlecht. Gerade als sein Kabinett
       im vorigen Jahr vereidigt wurde, verwundete hundert Meter entfernt ein
       verzweifelter Arbeitsloser aus der süditalienischen Region Kalabrien zwei
       Polizisten mit Schüssen. Die Verzweiflung unter den Arbeitslosen ist im
       vergangenen Jahr eher noch größer geworden. Niemals seit dem Zweiten
       Weltkrieg hat das Land eine so tiefe wirtschaftliche Krise erlebt. Dennoch
       kann sich kein Italiener an eine bedeutende, eingreifende Maßnahme der
       Regierung Letta zur Bekämpfung dieser Krise erinnern.“
       
       14 Feb 2014
       
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