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       # taz.de -- Zentralafrikanische Republik: Das Ziel heißt „Auslöschung“
       
       > Forderungen nach mehr Schutz für Muslime werden laut. Von einem „Klima
       > völliger Straflosigkeit“ spricht die UN-Menschenrechtskommission.
       
   IMG Bild: Anti-Balaka-Milizionär vor brennendem Moscheegelände im Norden von Bangui.
       
       BERLIN taz | Pünktlich zu einem Besuch des französischen
       Verteidigungsministers Jean-Yves Le Drian in der Zentralafrikanischen
       Republik am Mittwoch hat UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon vor einem
       Völkermord gewarnt. Er forderte eine Aufstockung des französischen
       Kontingents und eine frühere Stationierung der geplanten EU-Truppe.
       
       Die internationale Antwort auf die Krise in dem Land „entspricht noch nicht
       dem Ernst der Lage“, sagte Ban. „Die sektiererische Brutalität verändert
       die Demographie des Landes“, fügte er in Bezug auf die Massenvertreibungen
       und Massenmorde an der muslimischen Minderheit hinzu.
       
       „Wir müssen mehr tun, um weitere Greueltaten zu verhindern, Zivilisten zu
       schützen, Recht und Ordnung wiederherzustellen, humanitäre Hilfe zu leisten
       und das Land zusammenzuhalten.“ Die Gewalt zwischen Christen und Muslimen
       könne in einen Völkermord ausarten.
       
       Er habe mit Frankreichs Außenminister Laurent Fabius gesprochen und
       „Frankreich gebeten, die Stationierung zusätzlicher Truppen in Erwägung zu
       ziehen“, so Ban weiter. Auch die EU sollte die Stationierung ihrer
       Eingreiftruppe, die am Montag von den EU-Außenministern endgültig
       beschlossen worden war, beschleunigen.
       
       ## Kritik von Amnesty und Human Rights Watch
       
       Ein Sprecher des französischen Außenministeriums sagte, Fabius habe Ban
       Ki-Moon gesagt, der UN-Sicherheitsrat müsse spätestens bis Mitte 2014 eine
       große UN-Mission für die Zentralafrikanische Republik beschließen, die dann
       von den Franzosen, der EU-Truppe sowie der afrikanischen Eingreiftruppe
       Misca übernehmen könne.
       
       Frankreichs Verteidigungsminister Le Drian kam am Mittwoch in der
       Zentralafrikanischen Republik an und besuchte gemeinsam mit
       Übergangspräsidentin Catherine Samba-Panza die Stadt Mbaiki im Südwesten
       des Landes. Dort waren bis vor wenigen Wochen noch Einheiten der ehemaligen
       muslimisch dominierten Rebellenbewegung Seleka stationiert. Seit deren
       Abzug werden die Muslime der Stadt physisch bedroht, viele sind nach Bangui
       und von dort weiter nach Norden geflohen.
       
       Das Ausmaß der Gewalt in der Zentralafrikanischen Republik prangerten
       pünktlich zu diesem Besuch auch die beiden Menschenrechtsorganisationen
       Amnesty International (ai) und Human Rights Watch (HRW) an. „Wenn die
       gezielte Gewalt andauert, werden in großen Teilen der Zentralafrikanischen
       Republik keine Muslime mehr übrig sein“, sagte Peter Bouckaert von Human
       Rights Watch. „Menschen, deren Familien seit Jahrhunderten friedlich im
       Land lebten, werden zur Flucht gezwungen.“
       
       ## „Klima völliger Straflosigkeit“
       
       Die meist christlichen Anti-Balaka-Milizen seien „zunehmend organisiert und
       gebrauchen Sprache, die andeutet, dass ihr Ziel die Auslöschung der
       muslimischen Bevölkerung in der Zentralafrikanischen Republik ist“, so der
       HRW-Bericht. Die Stationierung zusätzlicher Eingreiftruppen zu ihrem Schutz
       sei dringend erforderlich.
       
       Die UN-Menschenrechtskommission in Genf erklärte am Mittwoch, sie sei
       besonders „das Klima völliger Straflosigkeit“ in der Zentralafrikanischen
       Republik besorgt. Anti-Balaka-Führer und ihre Verbündeten würden ganz offen
       die Verantwortung für brutale Morde übernehmen und diese rechtfertigen.
       
       Es hätten sogar Politiker den Lynchmord an einem unbewaffneten Mann durch
       Regierungssoldaten am 5. Februar in Bangui gerechtfertigt. Dies habe der
       UN-Sonderbeauftragte für die Zentralafrikanische Republik, Babacar Gaye,
       direkt mit Präsidentin Samba-Panza angesprochen.
       
       ## „Wichtigste Luftoperation seit langem“
       
       Das UN-Welternährungsprogramm WFP startete unterdessen eine Luftbrücke aus
       Duala im Nachbarland Kamerun nach Bangui. Für zunächst einen Monat sollen
       150.000 unversorgte Flüchtlinge versorgt werden, zumeist in der Hauptstadt
       Bangui. Ein erstes Flugzeug mit 80 Tonnen Reis an Bord landete am Mittwoch
       morgen auf dem Flughafen der Hauptstadt, wo über 100.000 Flüchtlinge leben.
       
       Die Versorgung soll darüberhinaus auf andere Flüchtlingsansammlungen
       ausgeweitet werden, insbesonder vertriebene Muslime, die unter Lebensgefahr
       an mehreren Stellen im Norden von Bangui kampieren.
       
       Das WFP bezeichnete die Luftbrücke nach Bangui als ihre „wichtigste
       Luftoperation seit langem, größer als für Syrien oder die Philippinen“.
       Zugleich sollten aber auch mehr Hilfsgüter auf dem Landweg aus Kamerun in
       die Zentralafrikanische Republik gebracht werden. Das ruandische Kontingent
       der afrikanischen Eingreiftruppe Misca sichert seit kurzem einen
       Hilfskorridor, der den sicheren Hütertransport per Lastwagen aus Kamerun
       bis nach Bangui gewährleistet.
       
       Damit konnten am vergangenen Wochenende 23 WFP-Lastwagen mit je 27 Tonnen
       Nahrungsmitteln die zentralafrikanische Hauptstadt erreichen. Manche der
       Fahrzeuge hatten seit dem 6. Januar an der Grenze gewartet.
       
       12 Feb 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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