URI: 
       # taz.de -- Zensur im russischen Fernsehen: Das Ende des Optimistischen Kanals
       
       > Der russische oppositionelle Kanal „TV Doschd“ („TV Regen“) soll am
       > Montag abgeschaltet werden. Flashmob-Unterstützer landeten in Gewahrsam.
       
   IMG Bild: Am Samstag hatten Unterstützer des Senders TV Doschd ein Flashmob: Die Polizei hat 43 von ihnen in Gewahrsam genommen.
       
       Ende Januar hatte Doschd zum 70. Jahrestag der Beendigung der Leningrader
       Blockade eine Umfrage gestartet. Man wollte von den Zuschauern wissen, ob
       man das belagerte Leningrad nicht hätte aufgeben müssen, um
       Hunderttausenden das Leben zu retten. Die Frage löste massenhaft Kritik aus
       – die Leningrader Blockade wird in Russland traditionell heroisiert.
       
       Einige der wichtigsten Satellitenbetreiber wie Rostelekom, Beeline, Akado
       und zuletzt Tricolor hatten kurz darauf bekannt gegeben, dass sie den
       TV-Kanal nicht mehr übertragen würden.
       
       Der Sender, der seit 2010 existiert und zunächst nur über das Internet
       verfügbar gewesen war, berichtete unter anderem kritisch von den Protesten
       nach der Duma-Wahl 2011 und von Oppositionellen wie dem Blogger und
       Politiker Alexei Nawalny.
       
       Natalja Sindejewa, Geschäftsführerin des TV-Kanals, sagte in einer
       Pressekonferenz vergangene Woche: „Wir sind uns sicher, dass die Anbieter
       uns nicht freiwillig abschalten, sondern Druck von oben auf sie ausgeübt
       wird.“
       
       ## Die Polizei griff gegen Flashmobber mit Regenschirme ein
       
       Vergangenen Samstag hatten Aktivisten einen Flashmob als Protest gegen die
       Schließung des TV-Kanals auf dem Moskauer Manegenplatz in der Nähe des
       Roten Platzes organisiert. Dutzende von Menschen versammelten sich auf dem
       Platz und öffneten symbolisch ihre Regenschirme. Unter den Flashmobbern
       befanden sich auffallend viele ältere Menschen.
       
       Augenzeugen berichteten, dass die Polizei in dem Flashmob zunächst einen
       Protest gegen die Olympischen Spiele in Sotschi sah. Als bekannt wurde,
       dass es sich um einen Protest für TV Doschd handelte, wurden rund 43
       Menschen, die mit geöffnetem Regenschirm auf dem Platz standen, in
       Gewahrsam genommen. Unter anderem wurden Männer, die mit ihren Ehefrauen
       unter einem Schirm gestanden hatten, von diesen losgerissen und abgeführt.
       
       Die französische Journalistin Nathalie Ouvaroff erlitt eine Hüftfraktur und
       wird zum gegenwärtigen Zeitpunkt im Krankenhaus behandelt. Gerüchte, dass
       sie von Milizionären zu Fall gebracht wurde, wollte sie nicht bestätigen.
       Die in Gewahrsam genommenen Flashmobber müssen mit zwei Tagen Haft oder
       einer Geldstrafe in Höhe von umgerechnet knapp 200 bis 400 Euro rechnen.
       Sie werden beschuldigt, gegen Paragraf 20.2 verstoßen zu haben, der die
       Teilnahme an einer illegalen Demonstration für strafbar erklärt.
       
       ## TV Doschd will trotzdem weiter machen
       
       Einer der Verhafteten, Nikolai Ljaskin, Mitarbeiter des „Fonds zum Kampf
       gegen die Korruption“, zu deren Mitbegründer der Oppositionspolitiker
       Alexei Nawalny zählt, äußerte in einem Interview mit TV Doschd: „Jetzt ist
       es schon so weit gekommen, dass man noch nicht einmal seinen Regenschirm
       auf der Straße aufmachen darf.“ Ljaskin wurde bereits einige Stunden nach
       seiner Verhaftung freigelassen. Er muss mit einer Geldstrafe rechnen.
       
       Während der Pressekonferenz am vergangenen Dienstag sagte Geschäftsführerin
       Sindejewa: „Wir werden Doschd nicht schließen!“. Nicht umsonst nennt sich
       Doschd auch „Optimistic Channel“. Im Internet und über einige regionale
       Anbieter wird TV Doschd weiterhin verfügbar sein.
       
       10 Feb 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ljuba Naminova
       
       ## TAGS
       
   DIR Russland
   DIR Zensur
   DIR Flashmob
   DIR Russland
   DIR Victoria Nuland
   DIR Sotschi 2014
   DIR Sotschi 2014
   DIR Sotschi 2014
   DIR Sotschi 2014
   DIR Sotschi 2014
   DIR Edward Snowden
   DIR Sotschi 2014
   DIR Janukowitsch
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Opposition in Russland: Nawalny verurteilt
       
       6000 Euro Strafe muss der russische Oppositionsführer Alexej Nawalny zahlen
       – wegen Verleumdung. Er hatte einen Stadtverordneten als Drogenabhängigen
       bezeichnet.
       
   DIR Internetzensur in Bundeseinrichtungen: Absofuckinglutely pornofrei
       
       Das Video „Fuck the EU“ kennt fast jeder – doch auf den Rechnern von
       Staatsbediensteten ist es gesperrt. Die Linksfraktion will Aufklärung.
       
   DIR Pressefreiheit in Russland: Vom Netz genommen
       
       Kremlkritische Sender werden diskreditiert, auch im Internet. Nach den
       Olympiatagen könnte der Kurs der Gleichschaltung noch verschärft werden.
       
   DIR Publizistin über Sotschi 2014: „Vielleicht sind dies Angestellte“
       
       Einschüchterungen, Enteignungen, Umsiedlungen. Die Russen haben Putin satt.
       Doch verändern kann Russland das nur selbst, sagt Sonja Margolina.
       
   DIR Aufregung um Olympia-Starterin: Nackt oder nicht?
       
       Die libanesische Skifahrerin Jacky Chamoun ließ sich oben ohne ablichten.
       In ihrem Heimatland sorgen die Bilder für Aufregung – und Solidarität.
       
   DIR Russlands Herrscher Putin: Alphatier und Antityp
       
       Wladimir Putin gibt gerne den Helden, der seinem Land Stabilität und
       Wohlstand gebracht hat. Doch das ist alles nur Theater.
       
   DIR Sotschi 2014 – Abfahrt Männer: „Brutal locker“ bergab
       
       Der Österreicher Matthias Mayer gewinnt überraschend sein erstes
       Anfahrtsrennen – und holt Gold. Das Publikum im Skigebiet reagiert
       desinteressiert.
       
   DIR NSA-Enthüllungsaffäre: Ein Berliner Anwalt vertritt Snowden
       
       Der Menschenrechtler Wolfgang Kaleck will Chancen für eine Rückkehr
       Snowdens in die USA ausloten. Auch sein Recht auf Asyl in Deutschland wird
       geprüft.
       
   DIR Kommentar Gerhard Schröder & Sotschi: Ein wahrer Kenner Russlands
       
       Alt-Bundeskanzler Schröder findet die mediale Kritik an den Winterspielen
       zu einseitig. Prima, dass zumindest er weiß, wo Hammer und Sichel hängen.
       
   DIR Putin trifft Janukowitsch in Sotschi: Plaudern mit dem Waffenbruder
       
       Russlands Präsident und der ukrainische Staatschef haben sich in Sotschi
       nicht nur bei der Eröffnungsfeier gesehen. Details über den Inhalt des
       Gesprächs sind nicht bekannt.