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       # taz.de -- Feuer in Flüchtlingsunterkunft: 13-jähriger Brandstifter geständig
       
       > Ein strafunmündiger Inder soll das tödlichen Feuer verursacht haben,
       > offenbar ohne rassistische Motivation. Teilnehmer des Trauermarschs sind
       > skeptisch.
       
   IMG Bild: Trauermarsch am Tatort: Über 600 Menschen zeigten ihr Mitgefühl mit den Verstorbenen.
       
       HAMBURG taz/dpa | Unmittelbar vor Beginn des Trauermarschs für die drei
       pakistanischen Opfer des Brandes in der Flüchtlingsunterkunft in
       Hamburg-Eimsbüttel haben in Hamburg Polizei und Staatsanwaltschaft am
       Samstag einen Täter präsentiert. In der Nacht habe ein 13-jähriger
       strafunmündiger Jugendlicher der Jugendfeuerwehr Hamburg-Altona gestanden,
       das Feuer in dem Kinderwagen im Parterre des fünfgeschossigen
       Mehrfamilienhaus gelegt zu haben, das den verheerenden Schwelbrand
       ausgelöst habe.
       
       Eine heiße Rauchgaswolke, die durch einen zerschmorten Sicherungskasten
       entstanden war, hatte am Mittwochabend 3 Tote und 27 zum Teil schwer
       Verletzte gefordert. „Hinweise auf eine politisch motivierte Tat liegen
       nicht vor“, sagte Polizeisprecherin Ulrike Sweden.
       
       Mit der Festnahme werden zunächst allen Spekulationen über einen
       „rassistisch motivierten Anschlag“ die Substanz genommen. Der 13-Jährige
       ist gebürtiger Inder und kannte die bei dem Feuer getöteten Kinder im Alter
       von sechs und sieben Jahren sowie deren 33-jährige pakistanische Mutter,
       nach taz-Informationen, aus der islamischen Gemeinde in Altona.
       
       Der Jugendliche soll sich früher in psychiatrischer Behandlung befunden
       haben. Die Ermittler der Sonderkommission waren über eine Anwohnerin auf
       ihn gestoßen. Die hatte am Mittwochabend gesehen, dass sich ein
       Jugendlicher in einer Jacke der Jugendfeuerwehr vom Brandort zur 200 Meter
       entfernten Bushaltestelle bewegt habe. Dort sei er in den Bus gestiegen und
       habe „wirr und aufgeregt“ gesagt: „Ich bin von der Feuerwehr und muss ganz
       dringend zu einem Einsatz. Es geht um Menschenleben.“ Dass der Jugendliche
       in dem Bus war, haben nach Polizeiangaben Videoaufnahmen bestätigt.
       
       Der Jugendliche könnte für die Tat nicht zur Verantwortung gezogen werden
       und ist vorerst in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht worden.
       
       Die rund 1.000 Teilnehmern des Trauermarsches zum Unglückshaus, der von
       autonomen und antirassistischen Gruppen sowie Migranten-Organisationen
       veranstaltet worden war, beruhigte diese Nachricht der Polizei nicht. „Wir
       wissen nicht, wer hinter dem Brandanschlag steckt, wir wissen aber, dass
       die Behörden stets versuchen, rassistische Motive auszuschließen“, sagte
       ein Teilnehmer.
       
       Erinnerungen an den Brandanschlag im Januar 1996 auf das Asylbewerberheim
       in der Lübecker Hafenstraße wurden wach, bei dem drei Erwachsene und sechs
       Kinder und Jugendliche ums Leben kamen. Obwohl sich Neonazis aus dem
       mecklenburgische Grevesmühlen zeitnah am Tatort befanden und auch
       Brandspuren bei ihnen gefunden worden waren, wurde ein libanesischer
       Hausbewohner angeklagt. Damals wollte ein Sanitäter im Rettungswagen bei
       dem Verletzten Worte wie „Wir waren's“ gehört haben. Nach mehrjährigen
       Prozessen wurde der Libanese freigesprochen. Den Neonazis ist trotz
       Geständnissen - die allerdings widerrufen wurden - nie der Prozess gemacht
       worden.
       
       Auch in Hamburg, so die Befürchtung, könnten vielleicht die wahren Täter
       davon kommen. „Das ist doch die perfekte Konstellation: Strafunmündig,
       Migrationshintergrund, psychisch krank - es fehlt nur noch, dass der Inder
       Pakistani hasst“, sagte ein Aktivist. Polizeisprecherin Ulrike Sweden ist
       sich jedoch sicher: „Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es keine Zweifel daran,
       dass der Tatverdächtige für die Tat verantwortlich ist.“
       
       Die Hamburger Feuerwehr vernahm fassungslos, dass ein Angehöriger ihrer
       Jugendfeuerwehr für den Brand verantwortlich sein soll. Die Bestürzung sei
       umso größer, da es sich um einen der folgenschwersten Brände der
       vergangenen Jahre in der Hansestadt gehandelt habe, teilte die Feuerwehr
       mit. Man werde diesen Vorfall analysieren und aufarbeiten, um gezielte
       Rückschlüsse für die Jugendarbeit zu erlangen. Aktuell sind mehr als 900
       Jungen und Mädchen in den 53 Jugendfeuerwehren der Feuerwehr Hamburg aktiv.
       
       Auch Hamburgs Innensenator Michael Neumann (SPD) zeigte sich bestürzt und
       traurig. „Dass offenbar ein 13-Jähriger, der sich gerade einer
       Jugendfeuerwehr angeschlossen hatte, den Brand verursacht hat, hat mich
       mehr als erschrocken und wütend gemacht“, erklärte er. Zugleich betonte
       Neumann, dass die schreckliche Tat eines Einzelnen nicht die Leistungen der
       Jugendfeuerwehren in Misskredit bringen dürfe.
       
       Die Familie aus Pakistan lebte seit 2002 in Hamburg, sagte eine Sprecherin
       des Landesbetriebs „Fördern & Wohnen“. Die Eltern und die beiden Kinder
       hätten eine Duldung gehabt. Der Vater war während des Brandes nicht zu
       Hause, er war erst während der Löscharbeiten zurückgekehrt.
       
       8 Feb 2014
       
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