# taz.de -- Konflikt Zentralafrikanische Republik: Lynchmord durch die Armee
> Vor laufenden Kameras haben Soldaten einen mutmaßlichen Rebellen
> gefoltert und brutal ermordet. Triggerwarnung: eindeutige Bilder!
IMG Bild: Regierungssoldaten versammeln sich für die Ansprache der Präsidentin.
Bitte beachten Sie: im folgenden Text sind die Bilder von der beschriebenen
Misshandlung eingebunden und beim Scrollen ohne weitere Warnung sichtbar.
BERLIN taz | Es sind nicht nur unkontrollierbare Milizen, die in der
Zentralafrikanischen Republik brutalste Morde und Massaker begehen. Es sind
auch Soldaten der Regierungsarmee - jene Regierungsarmee, die gerade von
der international unterstützten Übergangsregierung aufgebaut wird und zu
deren Unterstützung Frankreich, afrikanische und demnächst auch europäische
Truppen mit UN-Mandat Soldaten nach Bangui schicken.
Das ist spätestens seit dem Mittwoch 5. Februar klar, als in aller
Öffentlichkeit, direkt nach einer Ansprache der Übergangspräsidentin an die
Truppe, ein mutmaßlicher Seleka-Kämpfer von genau dieser Truppe gestellt,
gefoltert und umgebracht wird.
Präsidentin Catherine Samba-Panza hatte zu einer feierlichen Zeremonie
geladen, um die laufende Wiederherstellung der zentralafrikanischen
Streitkräfte FACA zu begehen - die nationale Armee, die seit der
Machtergreifung der mehrheitlich muslimischen Seleka-Rebellen in alle Winde
zerstreut war.
In den vergangenen Wochen hatte sich die neue Übergangsregierung bemüht,
die verbliebenen FACA-Angehörigen wieder ausfindig zu machen und sie zu
bitten, sich wieder der Regierung zur Verfügung zu stellen. Über tausend
Soldaten kamen zu der Zeremonie am Mittwoch. Anwesend waren auch die
höchsten Vertreter der internationalen Eingreiftruppen in Bangui, wie der
Chef der französischen Operation Sangaris.
In ihrer Rede rief Präsidentin samba-Panza alle Soldaten auf, sich wieder
ihren Vorgesetzten zu unterwefen. Sie gab der Truppe einen Monat Zeit. Ab
dann müsse wieder Ordnung herrschen. „Irgendwann wird jeder für seine Taten
Verantwortung übernehmen“, sagte sie. „Ich warne die Unruhestifter, die
weiterhin Unordnung verbreiten.“
Nach ihrer Rede verließ Samba-Panza das Gelände der Verwaltungsakademie
ENA, wo die Zeremonie stattgefunden hatte, durch ein Spalier ihrer Armee.
Die Zeremonie war zu Ende. Auch die Soldaten begannen, sich zu zerstreuen.
Plötzlich entdeckten einige von ihnen auf der Wiese einen jungen Mann in
Zivil, in dem einige einen ehemaligen Seleka-Kämpfer zu erkennen glaubte.
Andere sagten, der Mann habe seinen Namen mit „Idriss“ angegeben - ein
muslimischer beziehungsweise tschadischer Name, Beweis genug, dass er zum
Feind gehöre. „Idriss“ wurde gestellt und schwer verletzt.
Dan wurde er weiter misshandelt. Die Soldaten scheuten nicht davor zurück,
ihm mir ihren Stiefeln zu traktieren.
Dann traten sie ihn in den Schädel und zerrten ihn von der Wiese weg.
Dann gingen mindestens zwei Soldaten mit Messern auf ihn los, nachdem sie
ihn größtenteils entkleidet hatten.
Die Messerstiche waren vermutlich tödlich, wenn er da überhaupt noch am
Leben war.
Die Leiche wurde auf die Straße gezerrt und misshandelt. Soldaten
applaudierten und machten Aufnahmen mit dem Handy, während auf dem Toten
herumgetrampelt wurde.
Auch die Soldaten machten dabei mit.
Manche mit überbordendem Enthusiasmus.
Am Schluss wurde dem Toten der Schädel eingeschlagen.
Es zirkulieren noch weitere Bilder, wie der Tote mit zerdrücktem Schädel
von der Straße gezerrt wird; wie er angezündet wird und Passanten
Gliedmaßen entfernen, unter den schockierten Gesichtern mittlerweile
eingetroffener französischer Soldaten; und wie am Schluss ein nicht mehr
als Mensch erkennbarer Aschehaufen auf der Straße glüht.
Die UNO hat mittlerweile „exemplarische Strafen“ gefordert. Der Vorfall
droht, zur bisher schwersten Belastungsprobe der jungen
zentralafrikanischen Übergangsregierung zu werden. Und die bisherige
Politik der Franzosen und eines Großteils der afrikanischen
Eingreiftruppen, möglichst wenig gegen Greueltaten einzugreifen, dürfte
angesichts dieser Bilder nicht mehr haltbar sein. Dies ist immerhin die
anerkannte Armee der Zentralafrikanischen Republik.
6 Feb 2014
## AUTOREN
DIR Dominic Johnson
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