# taz.de -- Eine Trasse für Deutschland: Ökostrom auf 800 Kilometer
> Zwei Netzbetreiber machen einen Vorschlag für den Verlauf der neuen
> Leitung für Windstrom von Nord nach Süd. Aber Seehofer will gar keine
> Trassen bauen lassen.
IMG Bild: Hier wird noch für den Transport konventionellen Stroms gebaut: Arbeiten an einem Mast im Thüringer Wald
Während die bayerische Landesregierung den Bau neuer Überlandleitungen
einstweilen aufschieben will, haben die Netzbetreiber Tennet und TransnetBW
am Mittwoch ihren Vorschlag für den [1][Verlauf der geplanten Stromtrasse
Südlink] vorgestellt. Die etwa 800 Kilometer lange Leitung soll Windstrom
von Schleswig-Holstein nach Süddeutschland transportieren. „Wir brauchen
diese Verbindung“, sagte Tennet-Chef Lex Hartman. „Wir brauchen aber auch
Akzeptanz von Bürgern und Politik.“
TransnetBW-Geschäftsführer Rainer Joswig bezeichnete das Vorhaben als
„Rückgrat der Energiewende“. Obwohl die Bundesregierung den Ausbau der
Windparks auf See verlangsamen will, halten die Netzbetreiber die neue
Leitung weiterhin für nötig. Ihr Sinn besteht unter anderem darin, in den
Industriezentren Süddeutschlands den Strom ersetzen zu können, den bisher
die Atomkraftwerke lieferten.
Der Verlauf der Trasse ist ein Vorschlag. 2015 soll er genau festgelegt
werden, 2016 das Planfeststellungsverfahren beginnen. Für 2022 peilen die
beiden Firmen an, Strom durch die neuen Leitungen fließen zu lassen. Bürger
können Widersprüche einlegen. Im Gegensatz zu früher findet aber nur noch
ein bundesweites Planverfahren statt. Der Rechtsweg wurde verkürzt, man
kann nur noch vor dem Bundesverwaltungsgericht klagen, nicht mehr
zusätzlich vor einem Oberverwaltungsgericht.
Die Trasse führt von Wilster bei Itzehoe bis zum Atomkraftwerk
Grafenrheinfeld, das bald abgeschaltet werden soll. Mindestens zwei
Gleichstromkabelstränge hängen an bis zu 70 Meter hohen Masten. In der Nähe
von Städten und Ortschaften können die Leitungen in der Erde verschwinden,
was aber teurer ist. Die Gesamtkosten, die die Netzfirmen stemmen müssen,
liegen „im unteren einstelligen Milliardenbereich“, so Hartman.
Schleswig-Holsteins Energiewendeminister Robert Habeck (Grüne) begrüßte die
Planungen. „Das ist in dreifacher Hinsicht ein Meilenstein: für die
Energiewende, für die überregionale Versorgungssicherheit und für die
Einführung einer neuen Technologie.“ Auch der grüne nordrhein-westfälische
Fraktionschef Reiner Priggen nannte die Führung der Strecke „einleuchtend“.
Doch sollte die Trasse in Wohngebieten als Erdleitung geführt werden.
## Seehofers Intervention verunsichert
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) fordert währenddessen ein
Moratorium für den Bau großer Stromtrassen. Begründung: Die Große Koalition
wolle die Windparks auf dem Meer einstweilen weniger stark ausbauen. Eine
Rolle spielen dürften die Bürgerproteste gegen eine Leitung im Südosten. In
Bayern finden bald Kommunalwahlen statt.
Die gegenwärtige Gesetzeslage spricht jedoch gegen Seehofer. Unter seiner
Mitwirkung haben Bundesregierung und Bundestag im vergangenen Jahr drei
Nord-Süd-Trassen beschlossen. Eine davon ist Südlink.
Die Geschäftsführer der Netzfirmen zeigten sich am Mittwoch von Seehofers
Intervention verunsichert. Tennet-Manager Hartman sagte, dass man
Informationsveranstaltungen für die Bürger an der Strecke jetzt erst mal
verschiebe. „Vorher brauchen wir eine klare Ansage der Politik.“
Andererseits lud Hartman die Bürgerinitiativen zu Gesprächen ein.
Dass es vor Ort zu Protesten kommt, erscheint sicher. Aktivisten der
Bürgerinitiative „Ab in die Erde“, die sich gegen eine andere
Höchstspannungsleitung am Westharz wehren, haben unlängst 60 ähnliche
Gruppen bundesweit angeschrieben und für die Gründung eines Dachverbandes
geworben. Die Reaktion war mau. Nur fünf Briefe kamen zurück. Doch oft
gründen sich solche Initiativen erst, wenn der genaue Trassenverlauf
bekannt ist.
5 Feb 2014
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DIR [1] http://suedlink.tennet.eu/trassenkorridore/vorschlag-trassenkorridor.html
## AUTOREN
DIR Hannes Koch
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