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       # taz.de -- Bundesregierung schafft nur Enthaltung: Weg frei für Gentech-Mais
       
       > Trotz breiter Ablehnung in Bevölkerung und Politik will sich Deutschland
       > bei der EU-Abstimmung über neuen Gentechnik-Mais enthalten.
       
   IMG Bild: Könnte bald gentechnisch veränderte Gesellschaft bekommen.
       
       BERLIN taz | „Wir erkennen die Vorbehalte des Großteils der Bevölkerung
       gegenüber der grünen Gentechnik an“, heißt es im Koalitionsvertrag von
       CDU/CSU und SPD. Doch nun zeigt sich, was das bedeutet: Deutschland wird
       sich kommenden Dienstag bei der Entscheidung im Rat der EU-Mitgliedstaaten
       über die erste Anbauzulassung für einen Gentechnik-Mais seit 15 Jahren
       enthalten, wie Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch mitteilte.
       
       Das läuft im Ergebnis auf eine Zustimmung hinaus. Denn nur wenn in dem
       Gremium 74 Prozent gegen die Pflanze „1507“ des US-Unternehmens Pioneer
       Hi-Bred votieren, wird die EU-Kommission die Zulassung verweigern.
       
       Gentech-Gegner argumentieren, dass die Risiken für Mensch und Natur nicht
       ausreichend untersucht worden seien. Der Pioneer-Mais produziert ein Gift,
       das bestimmte Insekten wie den Maiszünsler töten soll. Zudem ist er
       widerstandsfähig gegen das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel
       Glufosinat.
       
       Dennoch hat nach Informationen aus Regierungskreisen vor allem Kanzlerin
       Angela Merkel (CDU) ein Nein Deutschlands bei der Abstimmung in Brüssel
       verhindert. Agrarminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und
       Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sprachen sich gegen die
       Anbauzulassung aus. Bei solchen Meinungsverschiedenheiten im Kabinett
       enthält sich der deutsche Vertreter bei der EU.
       
       ## 16 Prozent fehlen
       
       Das Landwirtschaftsministerium wies aber darauf hin, dass selbst ein
       deutsches Nein die Zulassung nicht verhindern würde. Tatsächlich
       signalisierten bei einem Probelauf am Mittwoch in Brüssel Länder mit nur 50
       Prozent der Stimmen im Europäischen Rat ihre Ablehnung, wie ein
       EU-Mitarbeiter berichtete. Darunter sei zum Beispiel Frankreich gewesen.
       Deutschland kommt aber lediglich auf 8 Prozent der Stimmen. Es würden also
       auch bei einem Nein der Bundesrepublik 16 Prozent fehlen, um den Mais zu
       stoppen.
       
       Der Gentechnik-Sprecher der Grünen im Bundestag, Harald Ebner, bezeichnete
       die Entscheidung als „Ohrfeige für eine überwältigende Mehrheit der
       Menschen in unserem Land, die keine Gentechnik auf Acker und Teller
       wollen“. Eine Umfrage im Auftrag des Umweltverbands Greenpeace bestätigte,
       dass mehr als 88 Prozent der Deutschen gegen den Mais sind. Rebecca Harms,
       Fraktionschefin der Grünen im EU-Parlament, erklärte, „wissenschaftliche
       Untersuchungen weisen sogar auf erhebliche Gefahren für Schmetterlinge und
       andere Tiere hin“.
       
       Pioneer wies die Vorwürfe gegen den Mais zurück. „Nur vom Maiszünsler ist
       bekannt, dass er die Pflanze frisst“, sagte Sprecher Heinz Degenhardt.
       Demnach würde das Gift des „1507“ also nur diesen Schädling töten. Zudem
       habe die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit in sieben Stellungnahmen
       festgestellt, dass der Mais nicht die menschliche Gesundheit gefährde. Das
       Gift der Pflanze gehöre zu der Gruppe der Bt-Toxine, die teilweise sogar
       für den Öko-Landbau zugelassen sind. Nach aktueller Rechtslage dürfte
       „1507“ nicht zusammen mit dem umstrittenen Pestizid Glufosinat verwendet
       werden.
       
       5 Feb 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
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