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       # taz.de -- NSA belauscht Ex-Bundeskanzler: Der, der für Geld alles macht
       
       > Auch das Handy von Gerhard Schröder wurde abgehört, weil er gegen den
       > Irakkrieg war. Aber Moment – wer ist dieser Mann eigentlich nochmal?
       
   IMG Bild: Winken mit Wladimir: Gerd ist ein wichtiger Freund für den „lupenreinen Demokraten“.
       
       Unter anderem der Süddeutschen Zeitung ist es tatsächlich eine Meldung
       wert: Wie inzwischen wohl die gesamte Weltbevölkerung wurde bereits ab 2002
       auch ein gewisser Gerhard Schröder von der NSA abgehört. Der Grund soll
       seine kritische Haltung gegenüber dem Irakkrieg gewesen sein.
       
       Gerhard Schröder? Hm. Der Name kommt uns irgendwie bekannt vor. Die kleinen
       müden Geister der Erinnerung formen in unseren Köpfen ihre Händchen aus
       Nebel zu Trichtern und rufen mit viel zu leisen Stimmen in Richtung des
       medialen Temporallappens: „Tandaradei, juchhei. Wer Schröder sei, ist nicht
       einerlei?“
       
       Langsam taucht aus den Tiefen des Unterbewusstseins ein Bild auf: Ein
       nackter Alter thront mit bitterböser Miene auf einem Pferd. Der bemühten
       Pose nach zu schließen, hält er den Flunsch irgendwo zwischen Angela Merkel
       und Beaker von der „Muppet Show“ für ein würdevolles Gesicht sowie seine
       kreidebleichen Biertitten für athletische Formen.
       
       Bevor er publikumswirksam einen Tiger erwürgt und einen Haifisch keschert,
       muss er noch rasch mit seinem Pferd einen Schwarm Kraniche ins
       Winterquartier geleiten. Für Mütterchen Russland, für Väterchen Natur, für
       Tantchen Jubelpresse. Die Kraniche stürzen ab. Vor Orientierungslosigkeit,
       vor Schwäche, vor Lachen über die schwabbelige Drama Queen unter ihnen.
       
       ## Putin macht gern einen auf hart
       
       Ist das denn nun eigentlich dieser Schröder? Nein, doch – guter Hinweis! –
       immerhin sein bester Kumpel. Wladimir Putin. Der macht gern einen auf hart.
       Die Zeit ist „offenbar noch nicht reif“ (Jens Lehmann), dass sich russische
       Präsidenten während ihrer aktiven Karriere gefahrlos outen können. Die
       Fans, die Funktionäre, die Wahlfälscher sind unberechenbar.
       
       Bei uns aber macht es endlich „klick“: Gerhard Schröder ist der Mann, der
       auf jedem zweiten Foto neben Putin steht. Nachdem der sich von seiner Frau
       getrennt hat, ist Gerhard noch wichtiger geworden für den „lupenreinen
       Demokraten“ (Schröder über Putin). Oder einfach Gerd. Für seine Freunde,
       für seine Wähler, für Wladimir.
       
       Der hat ihm einen feinen Job bei einer Tochter des russischen
       Gasmonopolisten Gazprom verschafft. Die Vorarbeit dazu leistete Schröder
       bereits in seiner Funktion als Bundeskanzler, nur einer der zahllosen Jobs
       des umtriebigen Mannes. Ähnlich große Geschmeidigkeit legte er an den Tag,
       wenn er heute mit einem BVB-Schal auf der Tribüne in Dortmund saß, gestern
       mit einem Cottbus-Lappen im Energie-Stadion, um Ostwähler einzufangen, und
       vorgestern mit einem Hannover-96-Wickel im Rund seiner elenden
       Heimatmetropole. Dass er sich überhaupt als „Fußballfan“ darstellte, sollte
       seine Volksnähe unterstreichen.
       
       ## Schlecht gealterter, opportunistischer Angeber
       
       Aus demselben Grund trank er auch mal öffentlich ein Bier. Allerdings ohne
       zu inhalieren. Doch die Leute waren längst nicht so doof, wie er dachte,
       sondern hielten ihn weiterhin für das, was er war: einen schlecht
       gealterten, opportunistischen Angeber, der für Geld eines Tages alles
       machen würde. Hier schließt sich der Kreis zu Gazprom. Gewandt wusste
       Schröder auch private Updates zu managen und das Angenehme mit dem
       Nützlichen zu verbinden. Unter Politikern herrscht nämlich noch das
       archaische Ehrengesetz: Wer eine Journalistin belästigt, geht straffrei
       aus, wenn er sie hinterher heiratet.
       
       „Wenn sie will“, hat die postmoderne Gesellschaft dem Brauch einen kleinen,
       fast schon feministisch anmutenden Haken beigefügt. In diesem Fall wollte
       Doris Köpf den Mann mit den gefärbten Haaren. Und wieder hatte Schröder aus
       einer scheinbaren Niederlage einen Sieg gezaubert.
       
       Nachdem wir uns nun die Person Gerd Schröder von Neuem erarbeitet haben,
       ahnen wir längst, warum er für den Irakkrieg nicht zu gewinnen war und
       deshalb abgehört wurde: 1. An einem solchen Krieg hätte er nichts verdient.
       2. Ein Krieg ist kein Fußballspiel, bei dem man 3. die Seiten wechseln
       kann, wie man gerade lustig ist. 4. Auch sein Freund Putin war dagegen.
       
       5 Feb 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Uli Hannemann
       
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