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       # taz.de -- Homophobie in Sachsen-Anhalt: Homo-Heiler mit CDU-Verbindungen
       
       > In Sachsen-Anhalt verspricht ein fundamentalistischer Verein die
       > „Heilung“ von Homosexuellen. Unterstützung bekommt er von
       > CDU-Mitgliedern.
       
   IMG Bild: Und alles im Namen des Herrn.
       
       BERLIN taz | Gero Winkelmann hat ein Problem: Er glaubt, Homosexualität sei
       „pathologisch“, Homosexuelle hätten eine „krankhafte Neigung“. Aber niemand
       will sich heilen lassen. Winkelmann hat vor etwa zehn Jahren den Bund
       Katholischer Ärzte gegründet. Seitdem koordiniert der Arzt nach eigenen
       Angaben die Verbandsarbeit von rund 450 Ärzten; 20 beschäftigten sich
       angeblich mit der Heilung von Homosexualität. „Wir kämpfen allein, andere
       wollen nichts mit solchem Schmuddelkram zu tun haben“, sagt der Homöopath
       aus dem Landkreis München.
       
       Vielleicht liegt das aber auch daran, dass es kein wissenschaftliches
       Fundament für seine Thesen gibt. Empirisch belastbare Studien fehlen, die
       Weltgesundheitsorganisation hat Homosexualität 1992 aus ihrem
       Diagnosekatalog gestrichen. Stattdessen wirbt Winkelmann auf der
       [1][Webseite des Verbands] mit vermeintlichen Anfragen von Betroffenen und
       Angehörigen – und verspricht Heilung durch Globuli und Psychotherapie.
       
       „Solche Angebote sind hochgradig menschenverachtend und absoluter Humbug“,
       sagt Martin Pfarr, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) in
       Sachsen-Anhalt. In dem Bundesland sorgt gerade der Verein Gesellschaft für
       Lebensorientierung – LEO e. V. für Aufregung. Er setzt Homosexualität mit
       psychischen Störungen wie Depression gleich und bietet therapierende
       Seminare an. Der Verein beruft sich dabei auf pseudowissenschaftliche
       Studien. Pikant: Der ehemalige CDU-Landtagsabgeordnete Bernhard Ritter
       sitzt im Vorstand, der Ex-CDU-Ministerpräsident Christoph Bergner im
       Kuratorium.
       
       Dass ausgerechnet CDU-Mitglieder diese Therapieangebote unterstützen, ist
       laut LSVD kein Einzelfall: „Das Erschreckende ist nicht der Zulauf aus der
       Bevölkerung“, sagt Sprecherin Renate Rampf, „sondern die Unterstützung aus
       dem parlamentarischen Raum, ganz konkret aus der CDU.“ In der Vergangenheit
       hatten sich CDU-Mitglieder an entsprechenden Veranstaltungen beteiligt,
       etwa mit dem Deutschen Institut für Jugend und Gesellschaft (DIJG).
       
       ## Therapien zur „Reorientierung“
       
       Das Institut bietet sogenannte Reorientierungstherapien an, die zur
       Heterosexualität führen sollen. Zuletzt war die DIJG-Frontfrau Christel
       Ruth Vonhold in Stuttgart eingeladen, ihre zweifelhaften Thesen vorzutragen
       – gemeinsam mit Gabriel Stängle und der CDU-Landtagsabgeordneten Sabine
       Kurtz.
       
       Bis 2012 saß auch der Sachsen-Beauftragte der CDU-nahen
       Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), Joachim Klose, im Institutsbeirat. Auf
       taz-Anfrage nach seiner Tätigkeit entfernten KAS und DIJG diese Information
       von ihren Webseiten. Klose gab dazu an, er habe jetzt erst darum gebeten,
       seinen „ungeklärten Status im Beirat auch offiziell zu klären und ihn
       verlassen“.
       
       Stefan Löwer, Sprecher der Lesben und Schwulen in der Union, sieht kein
       verbreitetes Problem in der Partei: „Das sind Einzelfälle, die man nicht
       überbewerten darf.“ Bundespartei wie einzelne Landesverbände hätten sich
       von solchen Angeboten distanziert. „In der Union versammeln sich Positionen
       bis hin zum konservativen Rand. Entscheidend ist aber, wie am Ende Politik
       gemacht wird“, so Löwer.
       
       Doch die Winkelmänner dieses Landes scheinen in den letzten Jahren mehr zu
       werden. „Je selbstverständlicher die Gesellschaft mit Lesben, Schwulen und
       Transgendern umgeht, desto mehr formieren sich Fundamentalisten, die
       dagegen ankämpfen“, stellt Renate Rampf fest. Auf der Webseite
       [2][mission-aufklaerung.de] sammelt der LSVD Informationen über sogenannte
       Umpolungsangebote. Diese hätten zugenommen, meistens stammten sie aus dem
       Umfeld evangelikaler Gruppen mit Ursprung in den USA. Gerade katholische
       Organisationen betrieben jedoch besonders aggressive Öffentlichkeitsarbeit,
       so Rampf.
       
       Mit traurigem Erfolg: Laut einer repräsentativen Umfrage des
       Meinungsforschungsinstituts Forsa, die dem Verband vorliegt, aber von Forsa
       selbst noch nicht vollständig veröffentlicht wurde, halten acht Prozent der
       Deutschen Homosexualität für eine Krankheit, drei Prozent wollen sie unter
       Strafe stellen.
       
       2 Feb 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.bkae.org/index.php?id=1005
   DIR [2] http://mission-aufklaerung.de
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lan-Na Grosse
       
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