URI: 
       # taz.de -- Integration wird erleichtert: Fachkräfte endlich anerkannt
       
       > Wer einen Bildungs- oder Berufsabschluss im Ausland gemacht hat, soll in
       > Zukunft leichter einen Job finden können.
       
   IMG Bild: Den sprichwörtlichen Philosophen, der Taxi fahren muss, wird es wohl noch weiter geben. Aber es wird besser.
       
       Berlin erleichtert die Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen. Das
       Abgeordnetenhaus beschloss am Donnerstag ein entsprechendes Gesetz, mit dem
       das Verfahren in Berlin an das Verfahren in anderen Bundesländern und im
       Bund angeglichen wird. Betroffen sind alle Berufe, die landesrechtlich
       geregelt sind, zum Beispiel Erzieher, Altenpfleger, Heilpädagoge, Hebamme,
       Grafik-Designer, Technischer Zeichner, Fremdsprachenkorrespondent,
       Kosmetiker, Keramiker oder Bühnentänzer.
       
       Die SPD-Abgeordnete Franziska Becker sagte im Parlament, das Gesetz beende
       „eine paradoxe Situation: Es gibt viele gut ausgebildete Menschen in dieser
       Stadt, die ihren Beruf nicht ausüben können, obwohl sie dringend gebraucht
       werden.“ Man wolle nicht länger „hinnehmen, dass Aufstiegschancen
       verschenkt werden“.
       
       In Zukunft sollen die Behörden in der Regel innerhalb von drei Monaten
       entscheiden, ob ein ausländischer Abschluss anerkannt wird. Fehlende
       Ausbildungsinhalte können dabei durch Berufserfahrung ausgeglichen werden,
       daher können die Antragsteller neben einem Ausbildungsnachweis auch
       Lebenslauf und Arbeitszeugnisse vorlegen. Wenn eine Behörde einen Antrag
       ablehnt, soll sie auch mitteilen, welche Qualifikationen fehlen und wie
       diese nachgeholt werden können.
       
       Mit dem Gesetz werden die Vorgaben aus einer EU-Richtlinie umgesetzt. Der
       Bund hatte die Richtlinie bereits mit Wirkung zum April 2012 umgesetzt.
       Obwohl das Land Berlin die Regelung des Bundes fast Wort für Wort
       übernommen hat, hat es dafür zwei Jahre benötigt. Die Grünen-Abgeordnete
       Susanne Kahlefeld kritisierte daher, Berlin habe die EU-Vorgaben umgesetzt
       „wie eine faule Schülerin, die ihre Hausaufgaben macht: nur das Nötigste –
       und natürlich auf den letzten Drücker.“ Sie kritisierte zudem einen
       „unübersichtlichen Flickenteppich“, weil für Lehrer, Ingenieure oder
       Architekten andere Regeln gelten.
       
       Kahlefeld wies auch auf einen anderen Punkt hin: Wenn jemandem einzelne
       Qualifikationen zur Anerkennung fehlen, dann zahlt der Staat die notwendige
       Nachschulung nur dann, wenn der Betreffende Hartz IV bezieht. Viele
       Menschen mit hohen ausländischen Bildungsabschlüssen sind aber nicht
       arbeitslos, sondern suchen sich einen Job unter ihrer Qualifikation.
       Kahlefeld sagte: „Die vielzitierten Taxifahrer, Reinigungskräfte,
       Kassiererinnen müssen die Kosten inklusive Verdienstausfall während einer
       Nachqualifikation alleine tragen. Und wer soll das schaffen?“
       
       Der Piraten-Fraktionsvorsitzende Alexander Spies nannte es ein „Grundübel
       des Gesetzes, dass man versucht, die deutschen Standards auf Ausbildungen
       zu übertragen, die nach ganz anderen Kriterien gemacht worden sind“. Er
       forderte die Anerkennung von Kenntnissen statt von Ausbildungen: „Es ist ja
       nicht einsehbar, warum jemand, der jahrzehntelang im Ausland in einem
       bestimmten Bereich gearbeitet hat, jetzt nach Deutschland kommt und auf
       einmal nichts mehr kann.“
       
       31 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sebastian Heiser
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA