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       # taz.de -- Studie zum Bienensterben: Nicht genug Nahrung für das Volk
       
       > Eine Studie belegt fatale Auswirkungen von Insektiziden auf den Nachwuchs
       > von Bienen. Wissenschaftler fordern ein Dauerverbot.
       
   IMG Bild: Bienen können nur im Schwarm überleben. Was, wenn sie ihn nicht mehr finden?
       
       BERLIN taz | Pestizide sind noch gefährlicher für Bienen als bislang
       angenommen. Wegen des Einsatzes der Gifte in der Landwirtschaft können sie
       ihre Jungen nicht ausreichend ernähren, belegte eine umfassende Studie der
       britischen Universität Sussex. Vor allem Neonikotinoide dezimieren die
       Bestände radikal, schreiben die Biologen im Wissenschaftsjournal
       Ecotoxicology.
       
       „Unsere Ergebnisse beweisen, dass Neonikotinoide dauerhaft aus der
       europäischen Landwirtschaft verbannt werden müssen“, sagt Studienleiter
       Dave Goulson. Bienen, die den Nervengiften ausgesetzt waren, brachten nur
       in 40 Prozent der Fälle Pollen in den Stock. „Pollen ist die einzige
       Proteinquelle für Bienen und enorm wichtig, um die Jungen aufzuziehen“,
       sagt Goulson.
       
       Bienen, die von nicht behandelten Feldern kamen, brachten von knapp 70
       Prozent der Flüge Pollen mit. Zudem stört das Kontaktgift offenbar den
       Orientierungssinn der Tiere: Über ein Drittel fand den Weg zum Stock nicht
       mehr. Für die in Schwärmen lebenden Bienen das Todesurteil.
       
       Das Ergebnis der Studie ist umstritten: „Es scheint, als würden die Bienen
       von den Forschern mit unrealistisch großen Mengen an Neonikotinoiden
       zwangsgefüttert werden“, kritisiert der britische Sprecher des
       Pestizidherstellers Bayer. Die Forscher betonen, die Dosis während der
       Experimente variiert zu haben – auch geringe Mengen hätten die Insekten
       geschädigt.
       
       ## Dramatische Folgen für die Lebensmittelsicherheit
       
       Die Zahl der Völker allein in Deutschland ist in den vergangenen fünf
       Jahren von einer Million auf 700.000 gesunken. Das könnte dramatische
       Auswirkungen für die Landwirtschaft haben: 35 Prozent der
       Agrar-Nahrungsmittel hängen von Bestäubern ab. Kurzfristig gebe es keine
       Folgen für die Nahrungsmittelsituation in Europa, sagt Tomas Brück,
       Pestizidexperte des BUND. Simulationen wiesen allerdings darauf hin, dass
       „Europa seinen eigenen Bedarf nicht dauerhaft decken kann.“
       
       Die EU hat daher die Nutzung der Neonikotinoide seit Anfang Dezember für
       zwei Jahre verboten. Grund war das Fazit der Behörde für Lebensmittelheit
       EFSA: „Die Chemikalien haben akute Auswirkungen auf ganze Völker.“ Die
       Chemiekonzerne BayerCropScience und Syngeta reichten bereits im August
       dagegen Klage ein: Man könne nicht zwischen dem Sterben aufgrund von Milben
       oder Viren und dem durch Chemikalien unterscheiden. Wahrscheinlicher seien
       aber Milben der Hauptgrund.
       
       „Hummeln sind von Milben nicht betroffen und sterben trotzdem in einem
       hohen Maße“, sagt Walter Haefeker, Präsident des Europäischen
       Imkerverbundes. Bayer hat ein direktes Interesse daran, dass das EU-Verbot
       begrenzt bleibt: Der Konzern verdient jährlich über eine Milliarde Euro an
       der Herstellung des Neonikotinoids Imidachloprid.
       
       30 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lena Schneider
       
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