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       # taz.de -- Energiepolitik in Spanien: Atomkraft, ja bitte!
       
       > Einst war das Land Vorreiter für Erneuerbare. Jetzt will Spanien
       > AKW-Laufzeiten verlängern und Solarstrom verteuern. Zur Freude von
       > Großkonzernen.
       
   IMG Bild: Das älteste spanische AKW „Jose Cabrera“ wurde 2006 stillgelegt
       
       MADRID taz | Spaniens konservative Regierung erwägt, die Laufzeiten der
       acht Atomkraftwerke des Landes von derzeit 40 Jahren auf bis zu 60 Jahre zu
       erhöhen. Das bestätigte der Präsident des Nationalen Unternehmens für
       Atommüll, Francisco Gil-Ortega. Damit wäre eine Gegenreform im
       Energiesektor perfekt. Neue Anlagen für Wind- oder Solarstrom erhalten
       bereits seit Anfang 2012 keine Förderung mehr.
       
       Die konservative Regierung unter Mariano Rajoy begründet diese Schritte mit
       ihrer „Wirtschaftlichkeit“ und der völligen Überschuldung des spanischen
       Stromsystems. Obwohl die Preise seit Beginn der Wirtschaftskrise um über 60
       Prozent gestiegen sind, ist das System nicht rentabel.
       
       Das liegt am Staat, der die Preise für Haushalte festlegt und selbst
       draufzahlt, wenn die Stromerzeugung mehr kostet. Über 26 Milliarden Euro
       Defizit sind so aufgelaufen. Politik und große Stromversorger machten die
       Erneuerbaren dafür verantwortlich. Allerdings ist trotz des Förderstopps
       das Defizit unaufhaltsam weiter gewachsen.
       
       „Das spanische System ist völlig überproportioniert“, erklärt Javier García
       Breva von der Stiftung für Erneuerbare. In den Zeiten des Baubooms von Ende
       der 1990er bis 2007 stieg der Energiebedarf um fünf bis sechs Prozent
       jährlich. Ständig wurden neue Kraftwerke gebaut, nicht nur für Erneuerbare,
       auch Gaskraftwerke, für den Fall, dass es nicht genug Wind und Sonne gibt
       und die Stauseen austrocknen. Die sind allerdings nur zu zehn Prozent
       ausgelastet. Die Gaskraftwerke gehören, wie die AKWs, den beiden Großen,
       Iberdrola und Endesa.
       
       Jetzt, in der Krise, geht der Verbrauch im siebten Jahr in Folge zurück.
       Ausbaden müssen das allein die erneuerbaren Energien. Bestehenden Anlagen
       wird nachträglich die bereits versprochene Vergütung gekürzt. Die Branche
       befürchtet Gewinnverluste von bis zu 40 Prozent. Viele der rund 55.000
       Kleinanleger stehen vor dem Aus. Selbst wer seine eigene Energie
       produziert, soll künftig eine Gebühr entrichten, die den Strom vom Dach
       wieder teurer macht als den aus der Steckdose.
       
       ## Horrende Gewinnspanne
       
       Die Betreiber der Gaskraftwerke erhalten dagegen für ihre Investition 20
       Jahre lang einen Festpreis für ihre installierte Leistung – egal wie viel
       Strom sie produzieren. Allein 2013 schlug dies mit über 600 Millionen Euro
       zu Buche. Breva und die Verbände für Erneuerbarer Energien beschweren sich
       seit Langem über die horrende Gewinnspanne der großen Stromerzeuger. Die
       Laufzeitverlängerung der AKWs würde die Überproduktion aufrechterhalten und
       weitere Milliardengewinne in die Kassen der Betreiber Endesa und Iberdrola
       schwemmen.
       
       „Alle Maßnahmen, die die Regierung ergreift, dienen nur der Sicherung der
       Gewinne der großen Stromversorger“, sagt Breva deshalb. Als Beweis wird
       nicht nur von Breva immer wieder gerne eine Rede von Gonzalo Sáenz de
       Miera, Vorstandsmitglied des spanischen Energieerzeugers Iberdrola, auf der
       Fachmesse Genera 2012 angeführt. Er schlug fast wortwörtlich das vor, was
       die Regierung jetzt umsetzt.
       
       30 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reiner Wandler
       
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