# taz.de -- Gesetz über Ämterhäufung in Frankreich: Weniger Ämter für mehr Demokratie
> Das französische Parlament hat die Ämterkumulation eingeschränkt. Viele
> Abgeordnete der linken Mehrheit stimmten gegen das Gesetz.
IMG Bild: „Le champion“: Der Sozialist Michel Delebarre ist mit 26 Ämtern und Mandaten angeblich der Rekordhalter für Ämterhäufung.
PARIS taz | Zu viel Ämter aufs Mal, das ist ungesund für die Demokratie.
Das ist in Frankreich nun Gesetz. Gegen den hartnäckigen Widerstand aus den
eigenen Reihen haben die Abgeordneten der Linksmehrheit am Mittwochabend in
zweiter Lesung die Ämterkumulation stark eingeschränkt.
Wer im Europaparlament oder in einer der beiden nationalen Kammern der
Legislative sitzt, darf auf lokaler Ebene nicht mehr gleichzeitig ein
exekutives Mandat übernehmen. Diese Änderung, von der 60 Prozent der
heutigen Parlamentarier betroffen sind, wird freilich erst 2017 nach einer
Übergangsfrist in Kraft treten. Das lässt Betroffenen reichlich Zeit,
zwischen ihren Posten zu wählen.
Die Verabschiedung des Gesetzes gegen Ämterkumulation wird als Fortschritt
für die Gewaltenteilung gefeiert, die eigentlich auch in Frankreich seit
Montesquieu als Grundlage eines demokratischen Rechtsstaates anerkannt
wird. In der politischen Praxis nahmen es die Politiker der französischen
Republik freilich mit der Respektierung dieses Prinzips bisher weniger
genau.
Es war im Gegenteil Usus und sogar lange Zeit gern gesehen, dass ein
Senator oder ein Abgeordneter zugleich Bürgermeister seiner Stadt war oder
Vorsitzender des Departements oder der Region und dann auch noch in
Verwaltungsratssitzen in öffentlichen und privaten Unternehmen saß.
## Der Rekord: 26 Ämter und Mandate
Der [1][Rekordhalter] unter den Kumulierern ist derzeit der ehemalige
sozialistische Minister Michel Delebarre. Laut einer Aufstellung des
Magazins L'Express hat er nicht weniger als 26 Ämter und Mandate. Er ist
Senator, Bürgermeister von Dunkerque und zudem Präsident des
interkommunalen Verbands, außerdem Präsident oder Mitglied in zahlreichen
Aufsichtsräten derselben nordfranzösischen Region. Er wird nun wie andere
schweren Herzens einen Teil dieser Aufgabenlast abgeben und zwischen seiner
Rolle als Gesetzgeber in Paris und der eines lokalen Notabeln wählen
müssen.
Wie konnte es überhaupt so weit kommen? Das strikte französische
Mehrheitswahlrecht förderte diese Ämterkumulation. Denn natürlich war es
für die Kandidaten stets von Vorteil, bereits eine erfolgreiche kommunale
und regionale Karriere hinter sich zu haben, wenn sie in ihrem Wahlkreis
das einzige Mandat erobern wollten.
So alt wie diese Tradition ist aber auch die kritische Einsicht, dass damit
die Vorrangstellung von Platzhirschen und professionellen Sesselklebern der
etablierten Parteien gestärkt und umgekehrt die Verjüngung und namentlich
auch die Feminisierung der Politik behindert wurde.
## Das Ende einer langen Tradition
Es braucht viel „mauvaise foi“ (demagogische Unredlichkeit), um die
bisherigen Praktiken zu rechtfertigen. Die traditionelle Anhäufung zeuge
von der guten „lokalen Verankerung“ und ermögliche den gewählten
Volksvertretern, sich im nationalen Parlament für die Interessen ihrer
Provinzstadt einzusetzen, argumentiert allen Ernstes der sozialistische
Senator und Bürgermeister von Dijon, François Rebsamen. Er war darum nie
erbaut von Präsident Hollandes Wahlversprechen, das seine Parteikollegen
nun durchgesetzt haben.
Der Senat wollte die Ämterhäufung darauf beschränken, eine Kumulierung der
Gehälter und Sitzungsgelder zu verbieten. Wie immer bei Differenzen gibt
aber das Votum der Nationalversammlung den Ausschlag. Das letzte Wort in
dieser Sache wird aber der Verfassungsrat haben, der sich aufgrund der
institutionellen Bedeutung des Entscheids von Amtes wegen zum neuen Gesetz
äußern muss.
23 Jan 2014
## LINKS
DIR [1] http://www.lexpress.fr/actualite/politique/le-palmares-des-cumulars_1279994.html#s=0&id=476&col=0&dir=desc
## AUTOREN
DIR Rudolf Balmer
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