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       # taz.de -- FDP stellt sich für Europawahl auf: Lindner backt kleine Brötchen
       
       > Die FDP kämpft um ihr politisches Comeback. Und versucht dabei auch den
       > Euroskeptikern der eigenen Partei zu gefallen. Jede Stimme zählt eben.
       
   IMG Bild: Christian Linder ist der einzige Hoffnungsträger der, der FDP geblieben ist
       
       BONN taz | Wie weit der Weg zu alter Kraft und Herrlichkeit ist, zeigte
       sich den knapp 670 Parteitagsdelegierten auf dem FDP-Europaparteitag in
       Bonn schon bei der Verpflegung. Zwischen rheinischem Kartoffeleintopf mit
       Mettenden und „Metzgerbulette mit Nudelsalat und kleinen Weizenbrötchen“
       konnten sie wählen. Kleine Brötchen sind auch bei der Europawahl im Mai
       angesagt. Vor fünf Jahren holte die FDP noch ein Rekordergebnis von 11
       Prozent. Heute muss sie froh sein, dass für den Einzug ins Straßburger
       Parlament nur eine Dreiprozenthürde gilt.
       
       Mit großer Mehrheit wählten die Delegierten den Bonner Europaparlamentarier
       Alexander Graf Lambsdorff zum Spitzenkandidaten. Einen Gegenkandidaten
       hatte der Neffe der verstorbenen FDP-Ikone Otto Graf Lambsdorff nicht,
       genau wie Michael Theurer aus Baden-Württemberg und die Niedersächsin
       Gesine Meißner auf den Plätzen zwei und drei. Damit setzte sich das
       Personaltableau des Parteivorsitzenden Christian Lindner durch.
       
       Bei den beiden vorangegangenen Europawahlen 2004 und 2009 hatte Silvana
       Koch-Mehrin die FDP-Liste als Spitzenkandidatin angeführt. Sie fehlte in
       Bonn. Den Namen der einstigen Strahlefrau, die vor zwei Jahren über eine
       Plagiatsaffäre gestolpert war, nimmt auf dem Parteitag keiner der Redner in
       den Mund. Alexander Alvaro, ihr Nachfolger als Vizepräsident des
       EU-Parlaments, hat ebenfalls auf eine erneute Kandidatur verzichtet. Die
       Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen eines Verkehrsunfalls unter
       Drogeneinfluss und mit Todesfolge. Auch im Europaparlament lief es für die
       FDP in letzter Zeit nicht gut.
       
       ## Unangefochtener König Lindner
       
       Er sei sich sicher: „Europa braucht diese Liberalen“, macht Christian
       Lindner den Parteitagsdelegierten Mut. Der 35-Jährige ist der
       unangefochtene König im freidemokratischen Dschungel. Daran lässt er auf
       dem Europaparteitag der Freidemokraten am Sonntag in Bonn keinen Zweifel.
       Die führenden Köpfe früherer Jahre spielen keine Rolle mehr. Philipp Rösler
       und Reiner Brüderle sind gar nicht erst nach Bonn gekommen. Guido
       Westerwelle darf zwar in der ersten Reihe sitzen, aber nur ganz am Rande
       neben seinen ebenfalls abgehalfterten Vorgängern Wolfgang Gerhardt und
       Klaus Kinkel. Brav klatscht das Trio Lindner Beifall, als er verkündet,
       auch in der Europapolitik gelte „ab heute FDP pur“.
       
       38 Minuten lang spricht der letzte Hoffnungsträger, der den Freidemokraten
       noch verblieben ist. Originelle, gar neue Ideen hat er nicht zu bieten.
       Inhaltliche Konsequenzen aus dem Wahldesaster bei der Bundestagswahl lässt
       er nicht erkennen. Mehr Markt, weniger Staat, etwas mehr Bürgerrechte – es
       sind die gewohnten Plattitüden, die Lindner den Parteitagsdelegierten
       kredenzt.
       
       Mit Blick auf die Alternative für Deutschland (AfD) und ihr prominentes
       Neumitglied Olaf Henkel witzelt er: „Jede Tasse hat einen Henkel, auch die
       trüben.“ Auf die AfD verschwendet Lindner nur wenige Sätze, obwohl sie der
       FDP etliche Stimmen am rechtsliberalen Rand abspenstig zu machen droht.
       Doch der 35-Jährige spielt die Gefahr herunter. Die AfD sei „eine
       rückwärtsgewandte Truppe, die in Europa keinen Einfluss haben wird“. Die
       FDP sei hingegen eine „Gestaltungskraft“. Daher sei sie auch nicht der
       Hauptgegner der FDP, das seien die Parteien der Großen Koalition.
       
       Die Abgrenzung hätte schärfer ausfallen können. Aber dann hätte Lindner
       auch klarere Worte in Richtung des eigenen europakritischen Flügels um
       Frank Schäffler zu finden. Der Parteivorsitzende ist jedoch sichtlich darum
       bemüht, die Euroskeptiker nicht zu verprellen.
       
       Ein gewagter Spagat. Doch die FDP kämpft jetzt um jede Stimme.
       
       19 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Pascal Beucker
       
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