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       # taz.de -- Kolumne Später: Alle halbe Stunde ist Frühstück
       
       > Die neue Bundesregierung passt zur alternden Gesellschaft in Deutschland:
       > Alles wiederholt sich. Auch das mit den Rumänen.
       
   IMG Bild: Hält die Zeit auch nicht auf: Mondphasen-Uhr
       
       Als ich neulich mit Christoph beim Frühstück saß und Zeitung las, fühlte
       ich mich plötzlich um Jahre gealtert. Nach einer Weile kam ich drauf,
       warum.
       
       Es hängt mit dem Zeitgefühl zusammen. Die Wiederholungen. Die
       Beschleunigung. Sie kennen das vielleicht: Alle gefühlte Vierteljahr ist
       Weihnachten. Nach Ostern kommt gleich wieder der Weihnachtsmann, puff. Bald
       wird bei mir der Punkt kommen, an dem ich das Gefühl habe, alle halbe
       Stunde sei schon wieder Frühstück. Das erlebe man, wenn man über 80 Jahre
       alt ist, hat der Schauspieler Paul Newman mal gesagt. Vielleicht hat es
       auch Jeremy Irons behauptet. Das Gedächtnis lässt ja nach mit den Jahren,
       auch meines.
       
       Der Eindruck von Beschleunigung kommt durch die Wiederholung von Bekanntem,
       hat mir eine Psychologin erklärt. Wenn das Hirn alles schon mal erlebt hat,
       dann zerrinnt die Zeit zwischen den Fingern. Was unweigerlich dazu führt,
       dass man sich sorgt, das ganze Leben husche immer schneller vorbei. Wusch.
       
       Und wenn einen so ein Gefühl beim Zeitungslesen beschleicht – und es
       wurscht ist, ob man die Zeitung auf Papier oder auf dem iPad liest, ihr
       Techno-Propheten und Pseudoinnovativen! –, dann muss man sich die Frage
       stellen: Warum?
       
       ## Leider ist niemand mit Rumänen verwandt
       
       ## 
       
       Bei mir war es ein Satz in einer überregionalen Tageszeitung, der mir
       plötzlich so bekannt vorkam, dass die Zeit schrumpfte wie das Sweatshirt
       meines Sohnes im Wäschetrockner. Andrea Nahles, die neue Sozialministerin,
       erklärte bei ihrem ersten größeren Ministerinnen-Auftritt, dass sie bei
       jedem Vorhaben einen Menschen vor Augen habe. Bei der Rente mit 63 zum
       Beispiel ihren Vater, Maurermeister war er und mit 61 körperlich kaputt.
       Klar, dass die Rente mit 63, von der vor allem Männer mit sehr langen
       Versicherungszeiten profitieren und die aus den Beiträgen und Steuern
       vieler bezahlt werden wird, dringend kommen muss.
       
       Auch Norbert Blüm, CDU und viele Jahre Sozialminister, hat gern seine
       Familie ins Feld geführt, wenn es um die Vermittlung von Politik ging. Vor
       vielen Jahren mal warb er für bessere Pflege und erzählte von den letzten
       Tagen seines Vaters Christian Blüm, der im Kreise seiner Familie starb, die
       das Vaterunser betete. Auch mir traten die Tränen in die Augen. Ich war
       jung.
       
       Leider ist niemand in der Regierung mit irgendwelchen Rumänen verwandt,
       auch nicht im zweiten Grad. Und daher gibt es keine rührseligenD
       Geschichten über rumänische Opas, Omas, Onkel oder Tanten, die in
       Abbruchbuden hausen, weswegen man dringend was dagegen tun müsse. Auch das
       hat sich seit den 90er Jahren nicht geändert. Damals hat man die Rumänen in
       Asylbewerberheime abgeschoben, die zumindest eine funktionierende Heizung
       hatten. Leider wurden die Heime von den Einheimischen abgefackelt.
       
       „Weia“, sage ich zu Christoph, nachdem ich über Nahles, der Rente, der CSU
       und den Rumänen gebrütet habe. „Von der neuen Regierung ist nicht wirklich
       was Neues zu erwarten. Diese Legislaturperiode wird vorbeigehen wie nix.
       Wusch.“ Christoph ist woanders: „Sag mal, hat von der Leyen eigentlich
       schon wieder eine neue Frisur?“
       
       19 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Dribbusch
       
       ## TAGS
       
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